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Konzepte und Kriterien

Wie steht es um IMD 2 und die Vermittler-Aufsicht?

2. Dezember 2013 - Um aufsichtsrechtliche Aspekte der Vermittlerregulierung und aktuelle Wettbewerbsfragen ging es beim 2. Berliner Juristentag des Arbeitskreises Beratungsprozesse. Zahlreiche Versicherungsjuristen nutzten den Austausch mit ausgewiesenen Branchenkennern.

Aktuelle Fragen zum Aufsichts- und Vermittlerrecht sprach Rechtsanwalt Hans-Ludger Sandkühler, Kanzlei Sandkühler & Schirmer, beim 2. Berliner Juristentag des Arbeitskreises Beratungsprozesse (www.beratungsprozesse.de) an. Versicherungsjuristen nutzen wie schon zuvor diese Plattform für den Austausch mit ausgewiesenen Branchenkennern aus Forschung, Verbänden und juristischer Praxis. Es ging unter anderem um den GDV-Vertriebskodex sowie die Revision der sogenannten IMD2.

Dr. Mona Moraht Bewährte Vermittler-Aufsicht
Die Vermittler-Aufsicht habe sich bewährt, sagte Dr. Mona Moraht (Foto: DIHK), auch wenn sich die Industrie- und Handelskammern mit der AVAD Auskunftsstelle über Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler (www.avad.de) nicht austauschten. Die Referatsleiterin Gewerberecht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (www.dihk.de), berichtete von praktischen Erfahrungen der Industrie- und Handelskammern aus mehr als sechs Jahren Vermittleraufsicht, Rücknahme und Widerruf der Erlaubnis. Das Verfahren sei eingespielt und habe sich bewährt. Hauptgrund für den Entzug einer Erlaubnis sei der Wegfall der berufsständischen Haftpflichtversicherung. Davon erhalten Handelskammern durch Mitteilung der Versicherer Kenntnis. Auch die Einleitung eines Strafverfahrens, rechtskräftige Urteile oder Steuerverbindlichkeiten in Verbindung mit der Nichtabgabe der Steuererklärung könnten zur Rücknahme der Erlaubnis und Löschung aus dem Vermittlerregister führen, so Moraht.

Die IHK werde nur anlassbezogen tätig. Es gebe keine regelmäßigen Prüf-Routinen. Eine Zusammenarbeit der Kammern mit der Auskunftsstelle über Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler (AVAD) verneinte Moraht, denn es handele sich nicht um eine staatliche Stelle. Die jüngst diskutierte Verlagerung der Makler-Aufsicht auf die BaFin bewertete sie skeptisch. Es gebe keinen Grund, die etablierten Zuständigkeiten zu ändern. Zudem erfordere eine Verlagerung auf die BaFin (www.bafin.de) dort erheblichen Personalaufbau und eine Umstrukturierung.

Dr. André Kempf GDV-Vertriebskodex - auch für Makler?
Dr. André Kempf (Foto: Allianz), Referatsleiter Maklerrecht bei der Allianz Lebensversicherungs-AG (www.allianz.de), widmete sich dem neuen Vertriebskodex des GDV, der im Wesentlichen eine Fortschreibung des Kodex aus dem Jahr 2009 darstelle. Neben den allgemeinen "Wohlverhaltenspflichten" im Vertrieb seien für ungebundene Vertriebspartner drei Punkte besonders wichtig.

Über die Vergütung von Versicherungsmaklern sagte Kempf: Hier seien sowohl Makler als auch Versicherer in der Pflicht. Mit Blick auf Paragraf (§) 299 StGB (Bestechung und Bestechlichkeit) sei der Grat für jene Vermittler, die neben der Courtage auch andere Zuwendungen von Produktgebern erhalten, sehr schmal. Die wesentliche Frage laute: „Für was zahlt der Versicherer?"

Auch den Punkt Vermittlerqualifikation und Nachweis sprach Kempf an: Das Punkte-System der Bildungsinitiative "gut beraten" sei eine von mehreren Möglichkeiten, regelmäßige Weiterbildung nachzuweisen. Andere Bildungsnachweise sollten aber ebenfalls akzeptiert werden, zumal gerade Makler sich manchmal sehr speziell fortbildeten. Noch aber gebe es keine klaren Standards.

Was die „Compliance" anbelangt, machte Kempf folgendes deutlich: Die Compliance-Regelungen des Vertriebskodex gelten seiner Meinung nach unmittelbar nur für Mitarbeiter und Vertreter der Versicherungsunternehmen. Vor diesem Hintergrund begrüßte er den Basis-Kodex für ungebundene Vermittler, der unter anderem von den Vermittlerverbänden BVK (www.bvk.de), VDVM (www.vdvm.de) und Votum (www.votum-verband.de) erarbeitet worden war ("Provisionsbegrenzung: Debatte schlägt Wellen"). Jedoch sei wichtig, dass Vermittler die Regelungen des Kodex' in ihrer täglichen Praxis lebten. Die Ergebnisse vom „Arbeitskreis Beratungsprozesse" sieht Kempf als weitere wesentliche Hilfestellung für ungebundene Vermittler. Ein Engagement lohne sich für jeden Versicherer. Der Arbeitskreis bringe Standards in den Markt, die ebenfalls zu einer Erhöhung der Qualität der Beratung im Kundeninteresse führten. Das sei letztlich eines der Hauptanliegen des GDV-Vertriebskodex.

André Molter IMD 2 in weiter Ferne
André Molter (Foto: VDVM), Justitiar beim VDVM Verband Deutscher Versicherungsmakler, lieferte eine Einschätzung zum Fahrplan für die Revision der EU-Vermittlerrichtlinie - die sogenannte IMD 2. Die anberaumten Ausschusssitzungen hätten sich erheblich verzögert. So treffe sich der ECON-Ausschuss erst am 2. Dezember 2013. Erst danach werde die Abstimmung zwischen EU-Parlament, Kommission und Rat erfolgen. Ein Ergebnis noch während der aktuellen Legislaturperiode hält Molter für unwahrscheinlich. Viele Parlamentarier hätten bereits auf Wahlkampfmodus geschaltet, denn die Europawahl steht vor der Tür. Sie ist für den 22. bis 25. Mai 2014 terminiert. Das neue EU-Parlament werde im September 2014 erstmals zusammentreten. Damit rücke die Verabschiedung der IMD 2 in weite Ferne.

Revision der IMD 2
Die Revision der IMD 2 EU-Versicherungs-Vermittlerrichtlinie steht an. Die EU-Kommission erwägt, auch Versicherungsunternehmen und ihre Angestellten in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen. Während die Zielsetzung bereits klar scheine, sind Reichweite und Weg noch offen, heißt es dazu in einer Veröffentlichung der deutschen-versicherungsboerse.de. So sei beispielsweise noch fraglich, ob alle Mitarbeiter oder nur solche mit Kundenkontakt oder nur diejenigen, die Versicherungsvermittlung ausüben, betroffen sein sollen. Auch die Anforderungen an die Qualifikation sind noch nicht geklärt. Demgegenüber soll Versicherungsvermittlung im Nebenberuf aus dem Anwendungsbereich ausgenommen werden, wenn ihre Regulierung aus Verbraucherschutzgründen nicht erforderlich erscheint. Als Beispiel wird etwa die Vermittlung eines „kleinen persönlichen Versicherungspakets" bei Abschluss von Mietwagen-Verträgen genannt. Verbraucher könnten in der Regel ohne Hilfe nicht beurteilen, ob solche Verträge den bestehenden Versicherungsschutz sinnvoll ergänzen.

Nach den Plänen zur IMD 2 soll jeder, der Kunden berät, betreut und/oder Versicherungen vermittelt, zur ständigen Weiterbildung verpflichtet werden. Der GDV Gesamtverband der deutschen Versicherer (www.gdv.de) hatte im Vorgriff auf künftige Regelungen in seinem neuen Vertriebskodex formuliert, dass Versicherungsunternehmen nur mit jenen Vermittlern zusammenarbeiten, die sich laufend fortbilden und dies auch nachweisen.

Der Nachweis könne zum Beispiel im Rahmen der Aktion "gut beraten" erfolgen, deren Start nach einer Testphase für Januar 2014 geplant war ("Kompetenz der Vermittler professionalisieren"). Doch der Beginn wurde vorgezogen, obwohl viele Detailfragen noch nicht beantwortet seien, kritisierte Molter. Hohe administrative Hürden für Weiterbildungspartner sowie das Preismodell, das Bildungsanbieter für jeden gutgeschriebenen Punkt einen Euro kosten soll, bewertete er ebenfalls kritisch.

 Dr. Peter Loibl Wie unterscheiden sich Versicherungsmakler, Versicherungsberater sowie Unternehmens- und Rentenberater, und wer darf was? Rechtsanwalt Dr. Peter Loibl (Foto: Charta), Charta Börse für Versicherungen AG (www.charta.de), nahm die Beratertypen unter die Lupe. Es gebe einen Trend zur Auslagerung von Dienstleistungen aus dem Maklerbetrieb auf ein eigens gegründetes Beratungsunternehmen. Das aber sei problematisch, wenn nicht sogar unzulässig. Sein Fazit: Insbesondere der Versicherungsberater darf gesellschaftsrechtlich nicht mit einem Vermittler verbunden sein. Das gelte auch für den Fall, dass die Tätigkeiten in unterschiedlichen Gesellschaften wahrgenommen würden, in der Geschäftsführung aber Personenidentität bestehe.

Dr. Frank Baumann Dr. Frank Baumann (Foto rechts: Hoppenberg), Kanzlei Wolter Hoppenberg, wies darauf hin, dass Paragraf (§) 34 d der Gewerbeordnung auch eine Marktverhaltensregelung darstelle. Denn wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandele, die das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer regelt, handele unlauter. Deshalb könnten Verstöße auch erhebliche wettbewerbsrechtliche Auswirkungen haben und mit empfindlichen Strafen belegt werden.

Keine bessere Wahl
Am Vorabend der Veranstaltung hatte Prof. Dr. Thomas Köhne, Institut für Versicherungswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, die IMD 2 aus ökonomischer Sicht bewertet. Einige Motive und Basisannahmen der EU-Kommission bezeichnete er als falsch. Dazu zähle beispielsweise die Annahme, eine Offenlegung der verschiedenen Bestandteile des Gesamtpreises einschließlich der Vermittlervergütung ermögliche es Kunden, eine bessere Wahl zu treffen. Darüber hinaus könne der Kunde auch bei Offenlegung der Vergütung weder die Qualität der Beratung beurteilen noch erkennen, ob das Produkt seinen Bedarf decke und das Leistungsversprechen eingehalten werde. Im Übrigen sei ein Produkt mit geringerer Vergütung nicht unbedingt das bessere.

Neutrale Plattform zum Informations- und Erfahrungsaustausch
Das Fazit der Tagungsteilnehmer war positiv. Der Arbeitskreis Beratungsprozesse habe den Versicherungsjuristen wieder eine neutrale Plattform zum Informations- und Erfahrungsaustausch jenseits von einzelnen Unternehmensinteressen geboten. (-el / www.bocquel-news.de)

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