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Konzepte und Kriterien

Versicherer unterschätzen Risiko aus Wetterschäden

10. Dezember 2024 - Weltweit nehmen Unwetterereignisse zu, und mit ihnen die verursachten Schäden. Für Versicherungen wird das zur Herausforderung. Diese nutzen ihre Macht aber nicht für einen Wandel, kritisieren Experten. Demnach missverstehen die Versicherer das Klimarisiko. Freiwillige Maßnahmen von Unternehmen angesichts drohender Kipppunkte reichen nicht aus.

Die Versicherungsbranche unterschätzt die Klimarisiken massiv. Rund 1/3 aller wetterbedingten versicherten Schäden der vergangenen 20 Jahre sind durch den Klimawandel verursacht. Obwohl es ihr eigenes Geschäft bedroht, versäumt es die Versicherungsbranche, ihre Verantwortung wahrzunehmen und rasch aus der Versicherung von Fossilen Energien auszusteigen.

Zu diesem Schluss kommt der neue Bericht des Netzwerks Insure Our Future, zu dem auch Campax (https://campax.org/) gehört. Der Klimawandel hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten schätzungsweise 600 Milliarden US-Dollar (rund 570 Milliarden Euro) oder über ein Drittel der weltweit versicherten Verluste infolge von Wetterereignissen verursacht. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des Berichts unter dem Titel „Within Our Power”.

Die auf den Klimawandel zurückzuführenden Verluste stiegen demnach im letzten Jahrzehnt im Durchschnitt von 31 Prozent auf 38 Prozent der gesamten versicherten Wetterverluste. Das jährliche Wachstum der klimabedingten Verluste betrug im gleichen Zeitraum 6,5 Prozent, während die gesamten versicherten Wetterverluste um 4,9 Prozent wuchsen.

„Versicherer unterschätzen massiv das Klimarisiko, weil sie nicht erkennen, wie die Treibhausgasemissionen ihre Verluste in diesem Jahrhundert in die Höhe getrieben haben“, sagt Professor Ilan Noy, Ökonom für Klimafragen an der Te Herenga Waka – Victoria University of Wellington. Er ist Autor der grössten wissenschaftlich begutachteten Studie darüber, inwieweit der Klimawandel zu Wetterextremen beiträgt. „Wenn wir die Emissionen in diesem Jahrzehnt nicht drastisch senken, werden die Klimaschäden exponentiell zunehmen und könnten sowohl Versicherer als auch Volkswirtschaften überlasten.“

Ein zweifelhaftes Geschäft
Dabei sind fossile Brennstoffe nicht nur die größten Treiber der Klimakrise, sondern für die Versicherer auch aus wirtschaftlicher Sicht ein zweifelhaftes Geschäft. Der vorliegende Bericht hat 28 weltweit führende Sach- und Unfallversicherer untersucht und festgestellt, dass der geschätzte Anteil an klimabedingten Schäden, für die sie im Jahr 2023 zahlen mussten (10,6 Milliarden US-Dollar), in etwa auf gleicher Höhe mit den 11,3 Milliarden US-Dollar an Prämien lag, die sie für Unternehmenskunden aus fossilen Energiebranchen gezeichnet hatten.

Für sieben Unternehmen in Europa, darunter Allianz, Axa, Aviva und Zurich, überstiegen klimabedingte Verluste in Höhe von 3,23 Milliarden US-Dollar ihre Prämien für Kohle, Öl und Gas (2,2 Milliarden US-Dollar) im Jahr 2023. Im Durchschnitt machen die Prämien für fossile Brennstoffe weniger als 2 Prozent der Gesamtprämien aus, was die Frage aufwirft, warum Versicherer ihren gewaltigen Einfluss auf fossile Industrien nicht nutzen, um die anderen 98 Prozent ihres Geschäfts vor steigenden Klimarisiken zu schützen.

Der derzeitige Ansatz der Branche, weiterhin mit ihren fossilen Versicherungsangeboten Klimarisiken zu verschärfen und gleichzeitig Gemeinden oder Hausbesitzer*innen die Deckung für diese Risiken zu entziehen und/oder höhere Prämien dafür zu verlangen, ist sowohl wirtschaftlich unverantwortlich als auch ungerecht.

Insure Our Future (https://global.insure-our-future.com/) analysiert jährlich die Klimarichtlinien der 30 großen Sach- und Haftpflichtversicherungen weltweit. Im vergangenen Jahr gab es dabei nur wenig Fortschritt.

Generali verdrängt die Allianz im Ranking
Eine große Ausnahme ist der italienische Versicherer Generali (www.generali.com). Er hat im Oktober dieses Jahres Maßstäbe gesetzt, indem er die erste Richtlinie zur Beschränkung fossiler Brennstoffe verabschiedete, die – mit Ausnahmen – die gesamte Öl- und Gaswertschöpfungskette abdeckt und auch neue, klimaschädliche Flüssigerdgasprojekte einschließt. Damit hat Generali die Allianz im Ranking der im Vergleich stärksten Klimarichtlinien vom 1. Platz verdrängt.

Zurich und Swiss Re: Die Besten unter den Schlechten
Die Schweizer Versicherungen Zurich und Swiss Re rangieren auf Platz 3 (2023: Platz 8) und 4 (2023: Platz 4). Die Zurich hat aufgrund ihrer Richtlinien-Überarbeitung mehrere Plätze gut gemacht und sogar Swiss Re überholt. Trotz der guten Ränge erhalten Zurich und Swiss Re nur 5.4 beziehungsweise 5.1 von 10 Punkten für ihre Klimarichtlinien und sind somit weit entfernt von einem klimafreundlichen Kurs. Der nächste wichtige Schritt ist der Ausschluss von neuen Flüssiggas-Terminals, -Pipelines und Gaskraftwerken in ihren Richtlinien.

Während die Versicherer nur zögerlich neue Klimaschutzmaßnahmen beschließen, wächst auch ihr Geschäft mit erneuerbaren Energien nur langsam. Die Versicherungsprämien für erneuerbare Energien liegen immer noch bei einem Anteil von unter 30 Prozent des Versicherungsmarktes für fossile Brennstoffe (6,5 Milliarden US-Dollar im Vergleich zu 22 Milliarden US-Dollar ).

Da freiwillige Maßnahmen von Unternehmen angesichts drohender Kipppunkte bei weitem nicht ausreichen und die USA sich unter Trump aus dem Klimaschutz zurückziehen werden, müssen Gesetzgeber und Regulierungsbehörden in Europa ihre regulatorische Führungsrolle ausbauen und entschlossen handeln. (-el / www.bocquel-news.de)

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