13. Oktober 2014 - Versicherer, Verbraucherschützer, das Kraftfahrzeuggewerbe und der ADAC warnen gemeinsam vor der Gefahr, das elektronische Notrufsystem eCall könnte den Autoherstellern eine Monopolstellung beim Zugriff auf die die Daten der Autofahrer einräumen.
Ab Mitte 2015 sollen alle in der Europäischen Union zugelassenen Neuwagen mit einem elektronischen Notrufsystem ausgerüstet sein. Beim eCall-System handelt es sich um eine Art Mobiltelefon, das im Falle eines schweren Unfalls selbsttätig den Kontakt zu einer Notrufzentrale herstellt und die Position des Fahrzeugs übermittelt. Auf diese Weise kann der Zeitraum zwischen einem Unfall und dem Eintreffen der Rettungskräfte reduziert werden.
Monopol schränkt Autofahrer ein
eCall hat jetzt vier Partner zusammengeführt, die ansonsten sich eher spinnefeind sind. In einer gemeinsamen Stellungnahme des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs e.V. (www.adac.de), des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (www.gdv.de), des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (www.kfzgewerbe.de) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (www.vzbv.de) wird davor gewarnt, dass mit der europaweiten Einführung des Auto-Notrufsystems eCall ein Daten-Monopol für Autohersteller geschaffen werden könnte. Die Verbände bekräftigen ihre Forderung, die Autohersteller gesetzlich zum Einbau einer standardisierten und offenen Schnittstelle für den Datentransfer zu verpflichten. Denn nur dann könnten die Autofahrer frei entscheiden, an wen sie ihre Fahrzeugdaten übermitteln: an Autohersteller, Versicherer, Kfz-Betriebe, Mobilitätsdienstleister oder Automobilclubs.
Angst vor Wettbewerbsnachteilen
Vor allem der ADAC und die Versicherungswirtschaft befürchten, dass sie von den lukrativen Notrufleistungen abgeschnitten werden könnten. Das Kfz-Handwerk befürchtet außerdem, dass die Kfz-Hersteller die freien Werkstätten aus dem Reparaturgeschäft drängen könnten. Denn wenn die Autofirmen das Monopol auf die Daten aus den Fahrzeugen haben, könnten sie diese auch für andere Zwecke nutzen. Beispielsweise für Ferndiagnosen, um dann die Autofahrer in die eigenen Werkstätten zu lotsen. Dem Autofahrer würden nur die Pannenhilfsdienste der Autohersteller angeboten - der Service anderer Marktteilnehmer, beispielsweise von Automobilclubs oder den Anbietern von Autoschutzbriefen würden dem Autofahrer vorenthalten.
Mehrheit für eCall
Im Februar hatte sich das Europäische Parlament für eine diskriminierungsfrei zugängliche Schnittstelle ausgesprochen. Seit dem 7. Oktober verhandeln EU-Parlament, EU-Kommission und die italienische EU-Ratspräsidentschaft im Trilog-Verfahren über die streitigen Details der eCall-Gesetzgebung.
Die deutschen Autofahrer begrüßen die Einführung des automatischen Notrufsystems mit großer Mehrheit. Die zweite Mobilitätsstudie der LVM-Autoversicherung (www.lvm.de) ergab, dass 80 Prozent einem Notrufsystem im Fahrzeug zustimmen (siehe auch "Gegen Tempolimit – und für Notruf-Automatik im Pkw").
Der Run auf die Daten
Welche Position die Autofahrer zu einem offenen oder geschlossenen Notrufsystem haben, geht aus der LVM-Umfrage nicht hervor. Abgesehen davon ist es jedoch schwer vorstellbar, dass unfallgeschädigte Autofahrer, die verletzt oder auch ohne Bewusstsein sein könnten, im Ernstfall noch eine Auswahl treffen sollen, an wen sie den Notruf absetzen möchten. Ein ebensolcher Irrwitz wäre es, eine technische Lösung vorzusehen, bei der ein unadressierter Notruf abgesetzt würde. Denn dann könnte ein ungehemmtes Wettrennen von Abschleppdiensten, Reparaturwerkstätten, Krankentransportern, Rechtsanwälten und technischen Gutachtern zum Unfallort, auf die Unfallopfer und das Unfallfahrzeug einsetzen. Vermutlich schwebt den Versicherern, Automobilclubs und dem Kfz-Handwerk vor, dass sich die Autofahrer mit ihrem eCall-System individuell an einen Anbieter von Dienstleistungen im Notfall binden. Spätestens dann ist es mit der Einigkeit vorbei, dann sind Versicherer, Werkstätten und ADAC wieder erbitterte Konkurrenten. (hp / www.bocquel-news.de)
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