logo

Produkte und Profile

Simulationsrechnungen: Die Rente „schön“ rechnen?

22. Juni 2022 - Wenn das Niveau der gesetzlichen Rente bei 48 Prozent festgeschrieben wird, ohne dass das Renteneintrittsalter steigt, so die Prognose der Bundesbank, drohe dies die Sozialkassen zu sprengen. Im Jahr 2070 müsste demnach ein Beitragssatz zur Rente von 29 Prozent gezahlt werden. Die Mehrwertsteuer müsste um 6 Prozente steigen.

Eine ausbleibende Rentenreform zulasten künftiger Generationen? Die Deutsche Bundesbank (www.bundesbank.de/de/) berechnet das vorausblickend bis zum Jahr 2070 und spricht über ein mögliches, aber düsteres Szenario, wenn die gesetzliche Rente bei 48 Prozent festgeschrieben werde und das Renteneintrittsalter aber nicht steige.

Die Bundesbank-Experten warnen in ihrem aktuellen Monatsbericht von Juni 2022 erneut davor, dass ausbleibende Reformen im System der gesetzlichen Rente zu gewaltigen Finanzierungsproblemen führen könnten. In einem Langzeitszenario errechnet das Institut mit Sitz in Frankfurt, dass der Beitragssatz zur gesetzlichen Rente bis zum Jahr 2070 auf 29 Prozent steigen müsste, einzig um den jetzigen Status Quo aufrecht zu erhalten. In diesem Zusammenhang macht die Bundesbank zwei Reformvorschläge, aber macht ohne keine Empfehlung für konkrete Handlungsoptionen.

Nicht mehr lange und die sogenannten Babyboomer gehen in Rente. Die jetzige Bundesregierung hält demnach bis 2025 an der „doppelten Haltelinie“ fest: das Rentenniveau darf 48 Prozent nicht unterschreiten, der Beitragssatz zur Rente nicht über 20 Prozent steigen. Zudem soll das reguläre Renteneintrittsalter nicht über die derzeit angedachte Zielmarke von 67 Lebensjahren angehoben werden: bei zugleich steigender Lebenserwartung. Die Experten heben hervor, dass die Renten bis 2025 wachsen - parallel zu den Löhnen (nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern), während das Rentenalter weiter ansteigt.

Hier wird vor allem das Missverhältnis aus Beitragszahlern und Rentenempfängern deutlich. Sie belasten das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente empfindlich.

Die Simulationen der Bundesbank setzen im Jahr 2026 an: Nach Ablauf der „doppelten Haltelinie“. (Hierbei wird die derzeit außergewöhnlich hohe Inflation nicht eingerechnet - in der Annahme, dass sie sich die Zeiten wieder normalisieren). Die Bundesbank weist in ihrer Schrift darauf hin, dass die Unsicherheit bei langfristigen Vorausberechnungen naturgemäß hoch sei: Entsprechend verstehen sich die Rechenmodelle nicht als Prognosen, sondern sollen Entwicklungstendenzen aufzeigen.

Nun steht eine schwindende Zahl an Beitragszahlern einer steigenden Zahl an Rentnern gegenüber; deshalb geht die Deutsche Bundesbank davon aus, dass nach Auslaufen der doppelten Haltelinie das Rentenniveau ab 2025 sinken werde - sofern es keine entsprechende Nachfolgeregelung geben wird.

In einem der Szenarien liegt das Versorgungsniveau gegen Ende der 2030er Jahre bei 43 Prozent und im Jahr 2070 nur noch bei 40,45 Prozent. Das Rentenniveau gibt demnach stark vereinfacht das Verhältnis eines Standardrentners zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten an. Es wird angenommen, dass der Standardrentner 45 Beitragsjahre zur Rentenkasse vorzuweisen hat und immer den Durchschnittslohn verdiente.

Bei diesem Szenario müsste jedoch auch der Rentenbeitrag deutlich steigen, um die Altersbezüge der Ruheständler weiter finanzieren zu können. Bis Ende der 2030er Jahre soll er bei circa 23 Prozent des Bruttolohnes liegen, im Jahr 2070 bei 25 Prozent. Zugleich müssten die Bundesmittel in Relation zur Wertschöpfung steigen: um 1 ½ Prozentpunkte gegenüber 2021.

Dies entspreche aus heutiger Sicht dem Aufkommen aus 4 Prozentpunkten des Umsatzsteuerregelsatzes. Auch diese Steuern, so geben die Bundesbank-Experten zu bedenken, müssten wie die Beiträge von jüngeren Generationen geschultert werden.

Wenn die Rentenkasse deutlich mehr belastet würde …
In einem zweiten Szenario gehen die Experten davon aus, dass das Rentenniveau auch nach dem Jahr 2025 nicht sinkt, sondern dauerhaft bei 48 Prozent festgeschrieben werden soll. Die Lasten verlagerten sich dann noch stärker auf die Beitragszahlenden, die zugleich den Hauptteil des Steueraufkommens leisten. Hier müsste der Beitragssatz zur gesetzlichen Rente im Jahr 2070 bereits bei 29 Prozent des Bruttolohns liegen: 4 Prozentpunkte höher als im erstgenannten Szenario.

Zwei Reformvorschläge
Obwohl die Experten Bundesbank keine Handlungs-Empfehlungen geben wollen, präsentieren sie dennoch zwei Reformoptionen. Eine Option bestehe darin, die individuellen Renten nach Rentenzugang in der Bezugsphase langsamer steigen zu lassen. Weit verbreitet sei hier international der Ansatz, den Anstieg der Renten nicht an die Löhne zu koppeln, sondern an die Inflation mittels eines Index. Das würde Beitragssatz und Steuerzuschüsse langsamer steigen lassen. Einen ähnlichen Vorschlag hatte bereits die Deutsche Rentenversicherung Bund selbst unterbreitet.

Vorbild ist demnach das Rentensystem von Österreich, wo die Renten jährlich nach der Inflationsrate angepasst werden. Allerdings erwerben die Ruheständler im Nachbarland auch deutlich höhere Rentenansprüche. Das Rentenniveau nach 45 Beitragsjahren liegt in Österreich bei 80 Prozent, in Deutschland bei 48,2 Prozent. Grund ist unter anderem, dass Arbeitgeber mehr Beitrag zahlen: und auch Beamte sowie Selbstständige in Österreich rentenversichert sind. Die Bundesbank hält jedoch lediglich die Koppelung der Renten an die Inflation für vorbildlich – aber sonst keine anderen Bausteine des österreichischen Rentensystems.

Auch Reformvorschlag Numero zwei ist wenig originell: Wie viele andere Ökonomen auch, plädieren Bundesbanker für ein höheres Renteneintrittsalter, um das Umlagesystem zu entlasten. Letztendlich müsse aber die Politik entscheiden, wie sie die Lasten der Demografie auf Beitragssatz, Bundesmittel und Renten verteilen wolle. (-el / www.bocquel-news.de)

 

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.


Link zum Artikel: http://www.bocquel-news.de/Simulationsrechnungen-Die-Rente-„schön“-rechnen.42214.php