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Namen und Nachrichten

Schleichende Entfremdung vom Mittelstand droht

23. September 2021 - Sehr kritisch äußerte sich Thomas Haukje, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM) und Geschäftsführer der Nordwest Assekuranzmakler Verwaltungs-GmbH beim BDVM-Online-Symposium. Einige Versicherer haben ihre Kapazitäten für bestimmte Branchen stark reduzieren oder gar auf null gesetzt.

Thomas Haukje nutzte das BDVM-Online-Symposium mit dem Thema „Herausforderungen in einer komplexen Welt“, teilnehmenden Journalisten den Status Quo zu verdeutlichen. Haukje beobachtet im Markt eine schleichende Entfremdung der Versicherer vom Mittelstand in Deutschland. Jeder Betrieb brauche Versicherungsschutz. Doch dieser wird immer knapper, da einige Versicherer die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu den ESG-Vorgaben noch über die Vorgaben hinaus anwendeten. E steht für Environmental (Umwelt), Social für Soziales und Governance für gute Unternehmensführung.

Die Versicherungskapazitäten auf null zu setzen, sei gesellschaftspolitisch nicht akzeptabel, so der BDVM-Präsident. So stelle sich die Frage, ob die Versicherer die Kapazitäten etwa bei Kohlekraftwerken herunterfahren und damit den Kohleausstieg über den vom Gesetzgeber definierten Zeitpunkt hinaus beschleunigen. „Das verwundert uns sehr, denn viele Betriebe können ihre Produktion nicht so schnell umstellen.“ So bestehe die Gefahr eines Versicherungsnotstands für politisch oder gesellschaftlich unerwünschte Risiken wie die kohleverarbeitende Industrie oder große CO2-Emittenten.

Die Versicherer sollten nicht nur an ihre Combined Ratio (Schaden-Kosten-Quote) denken, sondern auch daran, dass sie eine dienende Funktion für die Wirtschaft innehätten – als Risikoträger und ausgleichendes Kollektiv über die Zeit. Thomas Haukje: „Versicherungen sind der Schmierfilm der Wirtschaft.“ Ohne Versicherungsschutz hätten es die Unternehmen sehr schwer, über Kapitalgeber notwendige Finanzierungen zu stemmen. Durch pauschale Absagen sei die Branche nicht Lösung, sondern Teil des Problems.

Wegweiser für mehr Klimaschutz
Zu Beginn seines Referats machte Haukje auf die ‚Wegweiser‘ aufmerksam, die das Thema ESG auf die Agenda der Versicherer spülten (bocquel-news 14. April 2021 ESG-Kriterien beeinflussen das Rendite-Risiko-Profil). Zum einen ist das der Green Deal der Europäischen Union, nach dem der Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft geschaffen werden soll, indem zum Beispiel bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausgestoßen werden sollen.

Ziel der EU ist es, bis 2050 erster klimaneutraler Kontinent der Welt zu werden. Zweiter Punkt sei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz. Dieses verpflichtet den Staat zum Klimaschutz und zielt auch auf die Herstellung von Klimaneutralität. Bis Ende 2022 sollen die Reduktionsziele des Kohlendioxidausstoßes besser geregelt werden. Zum Dritten sei das Urteil gegen den Shell-Konzern zu nennen, der verpflichtet wurde, 45 Prozent seiner Emissionen bis 2030 zu reduzieren.

Unwetter als Weckruf
Der eigentliche Weckruf in Deutschland sei durch die Extrem-Wetterereignisse vernommen worden. Beispiele seien die verheerenden Waldbrände in der Türkei und Griechenland, Tief „Bernd“ mit über 160 Toten und einem Schaden von über 8 Milliarden Euro sowie der Sturm „Ida“ in den USA mit einem geschätzten Schaden von über 40 Milliarden US-Dollar (circa 34 Milliarden Euro). 2021 werde das teuerste Schadensjahr der Versicherungswirtschaft seit über 50 Jahren. Dabei stehen die Herbststürme noch vor der Tür, so der BDVM-Präsident.

Sollten die Klimaziele verfehlt werden, wären die Szenarien bei gleichbleibenden Emissionen bis 2030 ein Ansteigen der globalen Erwärmung um 2,1 bis 3,5 Grad Celsius. Im schlimmsten Fall käme es bei einer Verdopplung der Emissionen bis 2030 zu einer Erwärmung von 6 Grad Celsius. Die Meeresspiegel würden dann um etwa zwei Meter steigen – mit der Überflutung von Küsten und Inseln.

Thema Nachhaltigkeit gehört in die Beratung der Firmenkunden
Frank Harting von der Marsh GmbH referierte über die größten Risiken von Unternehmen. Dabei ist nach einer Studie bei befragten Unternehmen festzustellen, dass auch hier viele Umweltthemen zu den größten Risiken gezählt werden. Dazu gehören kurzfristig extreme Wetterereignisse, langfristig aber auch natürliche Ressourcenknappheit der der Verlust der biologischen Vielfalt. Den BDVM-Maklern gab Harting auf den Weg, das Thema Nachhaltigkeit in der Beratung der Firmenkunden einzusetzen. (Text und Fotos Bernd Rudolf / www.bocquel-news.de)

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