logo

Namen und Nachrichten

Nachhaltigkeit: Da ist noch viel Luft nach oben

25. März 2020 - Die Assekuranz versteht ihr Geschäftsmodell gerne als praktizierte Nachhaltigkeit. Die seit 2018 verpflichtenden Corporate Social Responsibilty-Berichte zeigen ein anderes Bild, so die Zielke Research Consult GmbH. Daraus geht unter anderem hervor, dass nur wenige Lebensversicherer „grüne“ Policen vertreiben.

„Das Thema Nachhaltigkeit fängt an, ernst genommen zu werden“, sagt Dr. Carsten Zielke. „Die Versicherer erkennen den Handlungsbedarf, tun sich aber leider noch schwer entsprechende Maßnahmen einzuleiten und umzusetzen.“ Daher gebe es noch „viel unausgeschöpftes Potential“ bei einigen Gesellschaften. Und: „Die Berichte bleiben unkonkret.“

Zum zweiten Mal in Folge hat seine Firma Zielke Research Consult GmbH (www.zielke-rc.eu) die Corporate Social Responsibilty-(CSR-)Berichte von 41 Erst- und Rückversichern auf die Kriterien „Soziales“ und „Environment“ untersucht. Der Bereich „Governance“ floss über die Analyse der SFCR-Berichte ein. Das Ergebnis: Die CSR-Berichte 2018 fielen in der Summe besser als 2017 aus. Die Gesamtpunktzahl der Untersuchung erhöhte um 13 Prozent. 18 (7) der Gesellschaften kommen jetzt immerhin auf eine positive Punktzahl. Im Durchschnitt werden 0,03 (- 1,08) Punkte erreicht, dabei geht die mögliche Spanne von 4 bis minus 4,3 Punkten. Die besten Werte erreichten Allianz (www.allianz.de) und Debeka (www.debeka.de).

Die Kriterien Soziales, Enviroment und Governance gingen jeweils zu einem Drittel in die Bewertung ein. Faktoren für die Bewertung von „Enviroment“ waren beispielsweise die Höhe des Ökostromanteils, der CO2 Ausstoß pro Mitarbeiter, konkrete Maßnahmen zur CO2 Reduzierung und natürlich die Anwendung und Organisation von ESG-Kritierien in der Kapitalanlage. Beim „Sozialen“ wurde der Frauenanteil in Führungspositionen (bis zur Abteilungsleiterin), die Kinderbetreuung, die sportliche Förderung von Mitarbeitern und die Inklusion von gehandicapten Beschäftigten gewertet.

Pflicht, aber ohne Standard
Das Problem der CSR-Berichte ist, dass sie für börsennotierte Gesellschaften und Finanzinstitute mit mehr als 500 Mitarbeitern zwar seit 2018 Pflicht sind, es aber keine Standards für die Umsetzung gibt. Das fängt schon mit der Veröffentlichung an. Für die Untersuchung habe man auf den Webseiten der Unternehmen teilsweise arg suchen müssen, so Zielke. Für die Berechnung des CO2-Ausstoßes gebe es keine einheitliche Methodik.

Viele Gesellschaften veröffentlichten nur Einzelwerte, die wenig aussagten. Und diese seien dann oft auch noch falsch berechnet oder ließen sich nicht nachvollziehen. Der Talanx-Konzern wende im CSR-Bericht beispielsweise nicht die gleichen Konsolidierungsregeln wie im Jahresabschluss an und die Öffentliche Braunschweig habe 2017 nur den Wert der Sachversicherung angegeben. Die Zurich nenne im Bericht 2018 keinen CO2-Ausstoß mit Verweis darauf, dass dieser erst im zweiten Quartal 2019 zur Verfügung stünde. „Leider ist dieser Wert bis heute nicht verfügbar“, kritisiert Zielke.

Inklusion ein Fremdwort
Auch beim Sozialen fehlt noch einiges: „Inklusion scheint für die Versicherer noch immer ein Fremdwort zu sein“, so Zielke. Nur acht Versicherer würden überhaupt einen Anteil von Behinderten an der Gesamtbelegschaft ausweisen. Und von diesen schafften es nur drei über den gesetzlichen Anteil von fünf Prozent.

Laut Analyse haben nur Condor, Barmenia, Helvetia und die Stuttgarter auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Lebensversicherungspolicen. Die Qualität ihrer CSR-Berichte stehe dabei nicht immer im Einklang mit den angebotenen Produkten. Zielke stellt hier die Frage nach der Glaubwürdigkeit.

„Wir sehen die Gefahr, dass die Produkte und die Karrierechancen in dieser Branche für junge Leute unattraktiv werden“, sagte der Analyst. Aus dem Umfeld junger Leute und Personalverantwortlicher bei Versicherern sei immer öfter zu hören, welch wichtige Rolle der CSR-Auftritt von Unternehmen beim Recruiting habe.

Folgen von Corona
Nachhaltigkeit komme in Zeiten der Pandemie eine wichtige Rolle zu. Denn der Klimawandel, auf den die Versicherer als größte Investorengruppe über die Kapitalströme letztlich Einfluss nehmen können, begünstige neue Krankheiten auch durch Insektenwanderung. Die Versicherer sollten die aktuelle Entwicklung als Chance begreifen. Über ihre Investments sollten sie Beiträge zur „Re-Regionalisierung“ nehmen, damit die Wirtschaft weniger abhängig von ausländischen Lieferketten werde.

Zielke fordert aber auch eine staatliche Rückversicherungslinie - ähnlich der Extremus Versicherung für Terrorrisiken. Andernfalls ließen sich voraussichtlich Betriebsunterbrechungsrisiken nach der Pandemie nicht im ausreichenden Maße anbieten. 

Gesponsert wurde die Untersuchung von der Allianz SE, der Debeka, den Rheinland Versicherungen, der Sparkassenversicherung und der Acarda GmbH. (Monika Lier / www.bocquel-news.de)

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.


Link zum Artikel: http://www.bocquel-news.de/Nachhaltigkeit-Da-ist-noch-viel-Luft-nach-oben.39443.php