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Medizinische App - aber mit Augenmaß und Bedacht

11. September 2019 - Die Digi-talisierung in der Medizin: Das scheint noch schwieriger als in der Assekuranz. „Wir geben Orien-tierung“ versprach die Continentale 1.100 Vermittlern beim PKV-Forum am Dienstag in Köln – und bot viel Diskussion. Fazit: Digitalisierung rechnet sich nach anfänglichen Kostensteigerungen für die PKV.

Die Digitalisierung dürfte nach Einschätzung der Continentale Krankenversicherung a.G. grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die Kosten- und damit Beitragsentwicklung in der Privaten Krankenversicherung (PKV) haben. „Sicherlich wird es anfänglich bei Diagnose und Therapie zu Kostensteigerungen kommen, aber je mehr sich die Digitalen Möglichkeiten erweitern, werden sie besser zu nutzen sein und die Kosten sinken. Es ist ein Blick in die Glaskugel, aber ich sehe die Chance, dass die Kosten sinken können“, sagte Conti-Vorstand Dr. Marcus Kremer am Dienstag beim von seinem Haus veranstalteten PKV-Forum in Köln. Dort ging es sowohl um die Digitalisierung des Gesundheitsmarktes als auch um die der Branche.

Skeptische Bevölkerung
Auch bei ihrer traditionellen Studie mit bestimmten Trendfragen hatte sich der Krankenversicherer Continentale auf dieses Thema ausgerichtet. Ergebnis: Die Bevölkerung ist hinsichtlich der Digitalisierung skeptisch – zumindest im medizinischen Bereich.

So akzeptierten beispielsweise 95 Prozent der knapp 1.500 Befragten eine Diagnose durch Künstliche Intelligenz entweder gar nicht oder nur, wenn auch der Arzt zusätzlich die Diagnose stelle. Missbrauch von Daten und Fehldiagnosen wurden eher erwartet als die Chancen einer schnelleren Diagnose-Stellung und weniger Arztbesuchen gesehen. Nur jeder Dritte würde eine Video-Sprechstunde beim Arzt nutzen.

Keine Lifestyle-App von der Kasse
Gesundheits-Apps werden dagegen positiv wahrgenommen: 62 Prozent gehen davon aus, dass sie den Alltag von chronisch Erkrankten verbesserten, weil sie Aufgaben abnähmen. 52 Prozent versprechen sich davon ein Gefühl von Sicherheit bei einer Erkrankung.

Marcus Kremer erklärte, dass Gesundheits-Apps danach kategorisiert werden müssen, ob sich medizinisch notwendig und ärztlich verordnet seien. Nur dann könnten die Kosten Bestandskunden erstattet werden. „Bei Lifestyle-Apps haben wir dagegen andere Voraussetzungen“, sagte er. Grundsätzlich spreche viel für die auch „Diga“ genannten Apps. In dieser Podiumsdiskussion ging es aber auch um die Risiken solcher App. „Wenn ein Marktplatz auf Rezept verordnet wird, muss man wissen, wie das wirkt. Da muss mit Augenmaß und Bedacht entwickelt werden“, sagte Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Goethe Universität und Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Da sich Apps schnell weiterentwickelten, sieht es zudem auch Kontrollprobleme.

Die ab 2021 von den Krankenkassen anzubietende elektronische Patientenakte würde der Umfrage zufolge 61 Prozent der Befragten nutzen.

Hier hatte Gerlach kritisiert, dass die im Ausland gemachten Erfahrungen nicht berücksichtigt würden, und der „deutsche Sonderweg“, der dem Patienten die volle Souveränität über seine Daten einräume, dazu führen werde, dass sich die Mediziner nicht auf die Vollständigkeit und Aktualität der Daten verlassen könnten.

Zudem ende die Möglichkeit des Datenaustauschs an den Landesgrenzen. Kremer sagte, dass die Digitalisierung einen positiven Einfluss auf die Kosten- und damit Beitragsentwicklung in der Privaten Krankenversicherung habe werde.

Es knirscht zeimlich
In der Podiumsdiskussion am Nachmittag wurde von Seiten der Vermittlerschaft die Schnittstellenproblematik kritisiert. „In unserer Branche haben wir immer noch keinen einheitlichen Standard für Daten mit guter Qualität – der GDV-Standard ist dies nicht“, kritisierte Lars Drückhammer, Geschäftsführer vom Maklerpool Blau Direkt GmbH & Co.KG. Er kritisierte, dass die Brancheninitiative Bipro e.V., deren Präsidiumsmitglied er ist, nicht schnell genug vorankomme und forderte die Makler auf, bei den Versicherern Druck auf die Umsetzung der Normen zu machen. Ob ein Versicherer über eine Bipro-Schnittstelle verfüge, sollte zum Auswahlverfahren gehören.

Die Branche spreche zwar davon, sich am Kunden auszurichten, „die Realität ist aber eine andere“, sagte Dr. Christian Kinder, Parnter bei Bain & Company Inc.. Die Versicherer müssten hin zum Multikanalmanagement. Noch seien die Kanäle aber „extrem schlecht vernetzt“. (Text & Foto Monika Lier / www.bocquel-news.de)

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