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Gothaer mit Strategie ins Online-Zeitalter ganz vorn

21. August 2014 - Der neue Konzern-Chef der Gothaer in Köln, Dr. Karsten Eichmann, steht zu den bisherigen strategischen Schwerpunkten des Versicherers. Von starken Kurskorrekturen hält er nichts. Vielmehr will er den eingeleiteten Veränderungs-Prozess weiter voranbringen.

Karsten Eichmann - GothaerVor noch nicht ganz 50 Tagen hat Dr. Karsten Eichmann (Foto: E. Bocquel) den Vorstandsvorsitz der Gothaer Versicherungsgruppe (www.gothaer.de) übernommen. Da er aber bereits 240 Tage im Unternehmen in Köln ist, hat er auf die Schonfrist der ersten hundert Tage, die ihm als neuem Amtsträger für direkte Gespräche mit Journalisten zugestanden werden könnten verzichtet. „Ich trete nicht hier an, um starke Kurskorrekturen vorzunehmen“, hatte der 53-Jährige schon Anfang Juli während der Bilanz-Pressekonferenz der Gothaer gesagt.

Er steht nun an der Spitze einer Unternehmensgruppe, zu der ein Dutzend Gesellschaften gehören, unter anderem ein starker Sachversicherer sowie ein ebenso traditionsreiches Lebens- und ein Krankenversicherungs-Unternehmen. Die Gothaer habe vor allem in den letzten zehn Jahren ehrgeizige Veränderungen in Gang gesetzt. Die will Eichmann aufgreifen und weiter ergänzen.

„Ich habe jetzt im Blick, wo wir in fünf Jahren stehen wollen“, sagt er und verweist dabei gleichzeitig auf das Jahr 2020, wenn die Gothaer Versicherungsbank VVaG ihr 200-jähriges Bestehen feiern kann. Bekanntlich ist die Gothaer der älteste Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Ihr Gründer, Ernst Wilhelm Arnoldi, hat diese Rechtsform „erfunden“ – und sie sei immer noch wegweisend für die heute von aller Welt hoch gehaltene Nachhaltigkeit, so Eichmann. Und so sei nicht nur die Gothaer Produktwelt auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern auch die Zukunftssicherung für ihre Mitglieder – die 3,5 Millionen Versicherten und die circa 6.000 Mitarbeiter. „Mein Ziel ist es, dass die Gothaer auch nach 2020 viele weitere runde Geburtstage feiern kann“, sagt der Konzern-Chef.

Vergangenes Jahr hatte der Gothaer Konzern eine neue strategische Ausrichtung verabschiedet, die die Umsetzung von neuen Strukturen und Prozessen sowie Personal- und Führungsinstrumenten bis zum Jahr 2016 zum Ziel hat. Ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Neuausrichtung ist das vertriebliche Multikanal-Projekt. Ein wesentlicher Schwerpunkt hier ist die Vernetzung des Know-hows des Direktversicherers Asstel mit den Kompetenzen der Gothaer als starkem Serviceversicherer.

Der Name „Asstel“ verschwindet ab 2016 vom Markt, die Bestände werden auf die Traditionsmarke „Gothaer“ migriert. Erste Schritte sind mit der Fusion der Asstel Leben auf die Gothaer in diesem Jahr bereits realisiert. Die Asstel Sach ist im nächsten Jahr dran. „Wir haben bisher ein rundum positives Feedback.“ Die Asstel-Mitarbeiter bleiben im Gothaer Konzern an Bord.

Gothaer fit für das Online-Zeitalter machen
GothaerDer bisherige Direktversicherer Asstel, der sich laut Eichmann planmäßig entwickelt hatte, leiste gute Arbeit im Umgang mit den virtuellen Medien. Sie sei Wegbereiter und schaffe eine echte Vorwärtsstrategie, um die Gothaer Versicherungsgruppe (Foto: Gothaer) fit für das Online-Zeitalter zu machen. Karsten Eichmann, der zuletzt als Vorstand in der Generali Deutschland Gruppe (www.generali-deutschland.de) jahrelang Vertriebsverantwortung hatte, ist daran gelegen, dass die beiden Schienen Online- und Offline-Vertrieb quasi synchron geschaltet werden. Bei der Gothaer wird dazu ein neues CRM-System eingeführt, das den 1.500 Vermittlern in der Ausschließlichkeit den kompletten Rundumblick auf die Kunden, die Produkte und die vertraglichen Gegebenheiten möglich macht, ohne dass dabei der persönliche Kontakt zum Kunden auf der Strecke bleibe. Also ein deutliches Bekenntnis des Versicherers zu einem breiteren Serviceangebot.

Die ebenfalls bei der Gothaer starke Maklervertriebs-Schiene bleibt davon ausgenommen. Mit ihrer Multikanal-Strategie trage man bei der Gothaer aber insgesamt dem veränderten Kundenverhalten Rechnung. Im Internet informieren sich die Kunden und holen online Vergleiche ein. Wenn es aber konkret wird, so weiß Eichmann, sind es doch wieder 80 bis 90 Prozent der Interessenten, die den persönlichen Kontakt zum Vermittler suchen.

Betriebliche und vertriebliche Kompetenzen
„Es ist ein ehrgeiziger Kraftakt in die direkte Online-Kommunikation“, sagt Eichmann. Man verfüge jedoch über ein riesiges Potenzial und die Erfahrung des Direktversicherers. Man nutze große vertriebliche Synergien. Die Verbindung von betrieblichen und vertrieblichen Kompetenzen erfordere auch eine noch stärkere bereichsübergreifende Zusammenarbeit, an der auf Hochtouren gearbeitet wird. Gleichzeitig müsse man weiter an schlanken Kostenstrukturen arbeiten. Wenn aber Online- und Offline-Vertrieb funktionieren, haben die Ausschließlichkeits-Vertreter mehr Zeit für Kunden-Akquise und Beratung. Viele Versicherer hierzulande zeigen Interesse an der Omni-Channel-Strategie, doch hier habe die Gothaer die Nase vorn.

„Wachstum um jeden Preis“ ist nicht Eichmanns Sache. Er sehe keine Wechselbeziehung zwischen Größe und Ergebniskraft. Es bestehe hier auch kein Handlungsnotstand. „Mit rund 4,3 Milliarden Euro Beitragseinnahmen haben wir eine Größe, mit der wir gut bestehen können.“ Die Solvenz-Quote sei nach Solvency I im vergangenen Jahr zwar gesunken, befinde sich aber mit 176 Prozent des geforderten Mindestkapitals auf einem gesunden Niveau.

In den Vorbereitungen auf die abschließenden Rahmenbedingungen der künftigen Eigenkapitalregel Solvency II sieht Eichmann eine der großen Herausforderungen – für die gesamte Branche ebenso wie für die Gothaer Gesellschaften. Aktuell geht es hier um ein Solvency-II-Simulationsmodell, deren Testlauf die Aufsichtsbehörde BaFin (www.bafin.de) und der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherer (www.gdv.de) den Lebensversicherern für August/September 2014 aufgegeben haben. Krankenversicherer „dürfen“, müssen sich aber nicht an dieser Simulation beteiligen.

Eichmann weiß, dass wegen Solvency II die Produkte der Sachversicherungssparten im Princing entsprechend ausgerichtet werden müssen. „Um die Wurst geht es aber in der Lebensversicherung.“ Die Lebensversicherung gelte es ausreichend zu bedecken. Die Gothaer Leben sei in Sachen Zinszusatzreserven in allen Kapitalmarkt-Szenarien gut gerüstet. Auch wenn man das beherrsche, müsse man trotzdem den Bick weiter schärfen. „Was ist, wenn die Zinsen rapide hoch schnellen?“ fragt der promovierte Diplom-Kaufmann. Selbst wenn derzeit nichts dafür spreche, müsse man auch diese Möglichkeit berücksichtigen. Für ihn ist wichtig, dass man an den Kapitalmärkten endlich „die Luft“ rauslasse aus dieser Geld- und Kreditblase.

Karsten Eichmann - GothaerWas die Produktwelt bei der Gothaer Lebensversicherung AG betrifft, werde kontinuierlich an dem Innovationsprozess weiter gearbeitet. Bereits 85 Prozent der Gothaer Altersvorsorge-Produkte entfallen auf die Bereiche Biometrie und fondsgebundene Konzepte – das Spektrum reicht bis zur Rürup-Rente. Die verbleibenden 15 Prozent sind laut Eichmann klassische Renten. Kapitalaufbauenden Produkten im Leben-Bereich bemisst der Konzern-Chef weiter eine große Bedeutung bei. Wenn man sich erst an die Niedrigzinsphase gewöhnt habe, werde auch die Lebensversicherung wieder für die meisten akzeptabel. „Ich bin der festen Überzeugung, dass der Markt für kapitalaufbauende Lebensversicherungen erhalten bleibt. Vor ‚Reduction in Yield‘ müssen sich unsere Produkte nicht verstecken.“ Unterm Strich werde die Gothaer weiter mit Innovationen bei Leben-Produkte aufwarten.

Den Bereich Sachversicherungen streifte Eichmann ebenfalls. Die Geschäfte laufen auch hier. Innovationen könne man ebenfalls aufweisen. Bei der Gothaer Allgemeine sind die Erneuerbaren Energien ein großes Thema. In der Absicherung von Windkraftanlagen ist sie Marktführer in Deutschland und in Frankreich.

Circa hundert Jahre alt könnte die Marktführerschaft der Gothaer in der Jagd-Versicherung sein. Da es sich her aber um eine Ausschnitt-Versicherung nur für einen speziellen Personenbereich handelt, wird darüber nicht so oft gesprochen.

Gefragt nach drei besonderen Wünschen als Chef der Gothaer antwortete Karsten Eichmann spontan. Sein Wunsch sei es, dass die Gothaer bald als führender Multi-Kanal-Versicherer wahrgenommen werde – mit einer starken Online-Wahrnehmung. Weiter wünsche er sich eine Normalisierung der Kapitalmärkte mit einem vernünftigen Zinsniveau – so etwa 2 Prozent und höher, um den Wertverfall des Geldes aufzuhalten.

Nicht Altersreichtum - sondern Altersarmut
Sein dritter Wunsch besteht darin, dass Politik und Medien stärker darauf eingehen möchten, dass das Thema nicht Altersreichtum, sondern Altersarmut heiße. Der politische Rahmen müsse wieder für die Bedeutung der Altersvorsorge nach vorn gebracht werden, damit auch den Geringverdienern in Zukunft ein ausreichendes Auskommen im Alter möglich werde. (-el / www.bocquel-news.de)

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