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Die BaFin nimmt die sechs größten Risiken ins Visier

24. Januar 2023 - „Die Risiken im Fokus“ könnte die Ansprache von Mark Branson, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) betitelt werden, die er am Montag zum Neujahrs-Empfang der Behörde in Frankfurt/Main hielt. Er zitierte den erneuten Zinsschock, der zu einem der größten Risiken für den Finanzsektor geworden war.

Aktuell drücken, laut Mark Branson, bereits die abrupt gestiegenen Zinsen auf die Profitabilität vieler Banken. Hintergrund sind Verluste in deren Wertpapierportfolien. Ein weiterer plötzlicher und starker Zinsanstieg würde auch so manch andere Institute stark belasten. In seiner Ansprache beim Neujahrs-Empfang der BaFin (www.bafin.de) betonte Präsident Mark Branson, dass wir in einer Welt großer Unsicherheiten leben:

„Es gibt unzählige Prognosen, Warnungen und Kassandra-Rufe. Als Präsident der BaFin will ich mich nicht daran beteiligen. Für uns steht fest: (Fast) alles ist möglich. Selbst Entwicklungen, die bisher nicht oder kaum vorstellbar waren. Sogar positive Überraschungen. Und egal ob positiv oder negativ: Wodurch, wann und wo Entwicklungen ausgelöst werden, das kann niemand seriös vorhersagen.“

Mark Branson ging auf die Probleme vieler kleinerer Banken ein, deren stille Reserven als erste Verteidigungslinie jetzt aufgebraucht sind. „Wir beschäftigen uns jetzt vorrangig mit der Kapitalplanung von Instituten mit wenig Überschusskapital und hohen Zinsänderungsrisiken“, kündigte er an. Das Jahr 2022 hat nach Bransons Ansicht gezeigt, wie schnell das Risikoumfeld sich ändern kann. Der plötzliche Zinsanstieg sei ein Beispiel dafür.

Nach Bransons Meinung sind aber auch die Assekuranzen hierzulande ebenso verwundbar wie die Kreditinstitute, wenn es um Cyberangriffe geht. In diesem Zusammenhang zitierte der BaFin-Präsident aus dem aktuell aufgelegten Bericht „Risiken im Fokus der BaFin 2023“, in dem die BaFin insgesamt sechs Risiken identifiziert hat, die aus ihrer Sicht die Finanzstabilität und die Integrität des deutschen Finanzsystems am meisten gefährden könnten. Auf diese richtet die Aufsicht 2023 ihr besonderes Augenmerk. Unter die sechs „Risiko-Gruppen, die sich im Fokus der BaFin befinden, war aber offensichtlich nur wenig Platz für die Versicherungsgesellschaften. Mark Branson brachte auf den Punkt, was die BaFin unternimmt, um diese Risiken bestmöglich einzudämmen. Demnach sind die aktuellen Hauptrisiken für den deutschen Finanzmarkt:

  • Risiken aus abrupten Zinsanstiegen mit signifikantem Ausmaß;
  • Risiken aus Korrekturen an den Immobilienmärkten;
  • Risiken aus signifikanten Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten;
  • Risiken aus dem Ausfall von Krediten an deutsche Unternehmen;
  • Risiken aus Cyberattacken mit gravierenden Auswirkungen. Dieses Kapitel betrifft auch die Cyberschäden bei Versicherern;
  • Risiken aus unzureichender Geldwäscheprävention.

Außerdem hat die BaFin drei wesentliche Zukunftstrends ausgemacht, die Risiken bergen, mit denen sich die BaFin und die von ihr beaufsichtigten Unternehmen intensiv befassen müssen: die Themen „Nachhaltigkeit“, „Digitalisierung der Finanzbranche“ und „geopolitische Umbrüche“. Laut Branson werden diese auf lange Sicht die Geschäftsmodelle im Finanzsektor prägen.

„In unserem Bericht ‚Risiken im Fokus der BaFin 2023‘ stellen wir zum zweiten Mal die Risiken zusammen, die aus unserer Sicht die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Integrität des deutschen  prioritär befassen. Mit unserem Bericht machen wir transparent, wie wir Risiken identifizieren und wie wir bei der Aufsicht priorisieren“, sagte Branson.

Versicherer weisen eine größere Verwundbarkeit auf
Demnach scheinen die Versicherer hierzulande sogar eine höhere Verwundbarkeit aufzuweisen als die Geldinstitute, betonte Branson. „Wenn man sieht, wo es erfolgreiche Cyberattacken gab im regulierten Finanzsektor, gibt es eine kleine Häufung von Fällen bei mittelgroßen Versicherern“, so Branson. Er sehe bei diesen Gesellschaften „sehr attraktive Ziele wegen ihrer Datenschätze“. Dazu müsse auch erwähnt werden, dass die Versicherer allerdings später als die Banken begonnen hätten, sich um ihre Cyber-Verteidigung und –Sicherheit zu kümmern.

In diesem Zusammenhang sei an die Cyber-Attacken erinnert, die beispielsweise die Haftpflichtkasse Darmstadt, die deutsche Baloise-Tochter (ehemals Basler) sowie die WWK hatten im vergangenen Jahr hinnehmen und ausmerzen müssen.

Die BaFin nehme nicht desto trotz schon seit längerem die IT-Sicherheit der Versicherer unter die Lupe. Da sei man nicht immer mit dem Vorhandenen zufrieden. Und so kündigte Branson nochmals an, bei Mängeln in Bezug auf IT-Risiken in der Unternehmensorganisation Kapitalaufschläge von den Versicherern einzufordern – und das gemäß des Aufsichtsregimes Solvency II.

In dem Risiko-Bericht der BaFin suchen Versicherer schwerlich etwas über ihre Branche und Sparten. Möglich – dass die BaFin in ihre Überlegungen mit einbezog, dass die schweren Zeiten der Niedrigzinsen – besonders für Lebensversicherer und Pensionskassen dem Ende entgegen gehe. Dabei müsste jedoch bedacht werden, dass der Zinsanstieg auch für die Versicherer Risiken berge.

Noch keine feste Aussage zu Provisionsdeckel oder Provisionsverbot
In dem Zusammenhang mit Provisionsdeckel und Provisionsverbot, ließ der BaFin-Präsident lediglich verlauten, dass ein Provisionsverbot nicht der einzige Weg sei, das machbare Ziel zu erreichen. Allerdings sei das Provisionsmodell zulässig. Es gäbe aber Kreise in der Branche, die hier Wege finden könnten, die für die Kunden nachteilig sein könnten. „Nicht hinter jedem Beratungsgespräch steckt eine Betrugsabsicht“, betonte Branson. Hier komme es eben auf die Professionalität an.

Er sei sich sicher, dass die Mehrzahl der Beratungsgespräche sehr professionell geführt werden. Nicht zu vergessen, dass es hierfür auch steigenden Bedarf gebe. Nicht alles könne man mit der sogenannten ‚Robotisierung‘ lösen. Der BaFin-Chef erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass es auch hier ‚schwarze Schafe‘ gäbe. In solchen Fällen würden die Produkte so viel kosten, dass damit keine vernünftige Rendite möglich wäre.“ Die BaFin habe gerade dafür einen Merkblatt-Entwurf zu den Kosten in der Lebensversicherung veröffentlicht. Branson sieht hier auch für einen Teil des Marktes Handlungsbedarf, allerding nicht für alle und jeden.

Zurück zu den Risiken: Fakt sei, dass das Risiko für Insolvenzen gestiegen ist – und damit auch die Gefahr, dass Kredite an deutsche Unternehmen ausfallen. Vor allem Kredite an den Mittelstand und energieintensive Unternehmen.

Die aktuelle Ririkovorsorge ist zu gering
Darauf müssen vor allem die Banken vorbereitet sein. Doch – so Branson - die aktuelle Risikovorsorge sei niedrig. Die Geld-Institute fordern allerdings zunehmend höhere Risikoprämien und höhere Sicherheiten von ihren Kunden. Jetzt muss die BaFin genau prüfen, ob das reicht, schloss Mark Branson:

„Das deutsche Finanzsystem ist in den vergangenen Jahren robuster geworden. Nun gilt es, diese Widerstandsfähigkeit zu bewahren. Nur dann werden die Unternehmen des Finanzsektors weiterhin in der Lage sein, auch in schlechten Zeiten ihren Kunden beiseite zu stehen.“ (-el / www.bocquel-news.de)

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