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Crashtest: Generation 50+ unzureichend geschützt

17. Oktober 2024 - Ältere Autoinsassen haben ein bis zu dreieinhalb Mal so hohe Verletzungsrisiken wie jüngere, sind aber bei Unfällen nicht optimal geschützt. Das zeigt eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Frauen sind einem höheren Risiko als Männer ausgesetzt.

Die passive Sicherheit von Pkw, also der Schutz seiner Insassen bei einer Kollision, hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Forschungsergebnisse auf Grundlage von Unfalldaten aus den USA kamen aber zum Schluss, dass Frauen gegenüber Männern einem höheren Risiko von mäßig schweren bis kritischen Verletzungen (MAIS2+) ausgesetzt seien.

Kirstin Zeidler, seit Februar diesen Jahres Leiterin der UDV Unfallforschung der Versicherer (www.udv,de) kommentiert die Ergebnisse des Crashtests: „Alle schweren Crashkonstellationen sind für Insassen jenseits der fünfzig deutlich gefährlicher“, sagt die UDV-Leiterin. Zwar seien Autos immer sicherer geworden, wie der vergleichsweise geringe Anteil schwerer Verletzungen zeige: Rund 14 Prozent der verunglückten über 50-jährigen Pkw-Insassen in Deutschland verletzen sich mäßig schwer bis kritisch (2023 geschätzt rund 8.000 Personen). Doch „Gurte und Airbags haben sich in den letzten zwanzig Jahren wenig weiterentwickelt“, so Kirstin Zeidler. „Sie retten unzweifelhaft Leben, sind aber besonders für die wachsende Gruppe Älterer nicht ideal.“

Rückhaltesysteme für Ältere
Bei Unfällen arbeiteten Rückhaltesysteme meist mit maximaler Intensität und unabhängig von Unfallschwere oder Alter der Insassen. Dabei erreichten sie Kräfte, die bei Älteren schneller zu schweren Brustkorbverletzungen führten, weil Knochen brüchiger und Muskulatur schwächer seien. „Besser sind adaptive Rückhaltesysteme, die je nach Crashszenario nur so viel Kraft wie nötig auf die Insassen ausüben, um diese sicher vor dem Anprall an Fahrzeugteilen zu schützen“, sagt Kirstin Zeidler.

Crashtest-Dummys „zu jung“

Modernste Sensorik könne künftig abschätzen, wie schwer der bevorstehende Frontalunfall ausfällt und wie alt Insassen sind. Anhand dessen könnten Gurte bei moderaten Unfällen die Rückhaltekraft gezielt reduzieren, bevor der Airbag die verbliebene Energie dosiert aufnimmt und so Verletzungsfolgen mindern. „Die seit über 30 Jahren gebräuchlichen Crashtest-Dummys bilden die alternde Bevölkerung nicht ausreichend ab“, so die UDV-Leiterin. Die modernste Dummy-Generation („Thor“) sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, ihr Einsatz müsse aber forciert und Grenzwerte für Ältere festgelegt werden.

Größe und Sitzplatz entscheidend
Auch Sitzplatz, Körper- und Fahrzeuggröße beeinflussen laut UDV-Studie die Unfallfolgen: Insassen in Kleinwagen würden deutlich schwerer verletzt als in größeren, schwereren Fahrzeugen. In kleineren Autos säßen häufiger Frauen, in größeren öfter Männer. Die UDV fordert Hersteller auf, Kleinwagen sicherer zu machen und die Kompatibilität größerer Fahrzeuge zu verbessern.

Beifahrer im Pkw sind verletzungsgefährdeter als der Fahrer
Der Beifahrersitz sei bei Frontalkollisionen eineinhalbmal verletzungsgefährdeter als der Fahrersitz. Auf dem Beifahrerplatz sitzen häufiger Frauen als Männer. Das Risiko für Beifahrerinnen ist fast doppelt so hoch wie für Beifahrer. Die UDV geht davon aus, dass die im Schnitt geringere Körpergröße von Frauen hier maßgeblich sei, sieht aber weiteren Forschungsbedarf.

Auch der Fahrersitz sei für Menschen kleiner Statur problematisch: Um Gas-, Brems- und Kupplungspedale bedienen zu können, müssten sie den Sitz oft dicht an die Instrumententafel schieben, was bei Frontalkollisionen zu Verletzungen unterer Extremitäten führe. Kirstin Zeidler: „Die Ergonomie muss für kleine Personen besser werden, etwa mit individuell einstellbarer Pedalerie oder mehr Beinfreiheit.“

Auf Alter, Geschlecht, Körpergröße und -gewicht kommt es an
Im UDV-Forschungsprojekt wurde mittels mathematisch-statistischer Modelle untersucht, wie stark Alter, Geschlecht, Körpergröße und -gewicht von Insassen, Sitzplatz sowie Fahrzeuggröße unabhängig voneinander das Risiko mäßig schwerer bis kritischer Verletzungen bei Unfällen beeinflussen. Analysiert wurde ein repräsentativer GIDAS-Unfalldatensatz (German In-Depth Accident Study) von Pkws mit Baujahr ab 2003 und rund 12.000 erwachsenen Insassen. Davon verletzten sich rund 550 Insassen mäßig schwer bis kritisch (knapp 9 Prozent der Verunglückten); für ganz Deutschland waren das 2023 geschätzt rund 15.000 mäßig schwer bis kritisch Verletzte.(-el / www.bocquel-news.de)

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