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Analyst: „Das Schlimmste liegt noch vor uns!“

14. September 2020 - „Die Zinszusatzreserve hätte man sich sparen können“, sagt der Versicherungsanalyst Carsten Zielke. Bei der Vorlage der „Versicherungsstudie 2020“ der Zielke Research Consult GmbH offenbarte er der Branche seine ernüchternden Erkenntnisse. Versicherer sollten Änderung ihrer Investments-Politik überdenken.

„Nur eine höhere Aktien-Quote kann den Lebensversicherern aus der Misere helfen“, sagt Carsten Zielke. Mit der Situation der deutschen und Österreichischen Versicherer angesichts der Corona-Pandemie und auch in Hinsicht auf nachthaltiges Wirtschaften setzt sich die „Versicherungsstudie 2020“ des Aachener Analysehauses Zielke Research Consult GmbH (www.zielke-rc.eu) auseinander. „Spätestens ab 2024 haben die Lebensversicherer bei der Zinsentwicklung keine stillen Reserven mehr, um die Aufwendungen für die Zinszusatzreserve – ZZR - zu finanzieren", sagt Carsten Zielke: Die Kalkulation dazu hat der Aachener Versicherungsanalyst bei der Präsentation seiner aktuellen Versicherungsstudie „Altersvorsorge-Konferenz“ der Süddeutschen Zeitung in Köln vorgelegt.

Zielke kommt nach seinen Berechnungen zu einem für die Branche ernüchternden Schluss: „Wenn deutsche Versicherer bereits nach der Finanzkrise begonnen hätten, mehr in Aktien zu investieren, dann hätte man gar keine Zinszusatzreserve benötigt." Bei entsprechend höherem Aktienengagement hätten die Unternehmen sogar Mehrerträge in Höhe von rund 55 Milliarden Euro erzielen können und also kein Problem gehabt, ihre Garantieversprechen einhalten zu können.

„Das Schlimmste liegt noch vor uns“, zeigt sich Dr. Carsten Zielke eher pessimistisch. Sowohl die Lebens- wie auch die private Kranken- und Sachversicherung muss sich demnach unterschiedlichen Herausforderungen stellen.

Den Lebensversicherungen dürfte eine Kündigungswelle bevorstehen, da viele Menschen wie beispielsweise Kulturschaffende flüssige Mittel benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Hier empfiehlt die Studie Versicherern die Möglichkeit der Beleihung stärker in den Fokus zu nehmen, um so Zinsgewinne und Überschussbeteiligungen des Kunden soweit möglich zu sichern.

Versicherer sollten ihren Kunden zeigen, dass es sich lohnt, die Versicherung zu halten. Hierzu gehört auch sich an den ESG-Kriterien (Environmental Social Governance) zu orientieren und mit nachhaltigem Wirtschaften zu werben. Aber auch eine Änderung der Investments-Politik ist erforderlich. „Nur eine höhere Aktien-Quote kann den Lebensversichern aus der Misere helfen“, heißt es in der Studie. In Österreich beträgt der Anteil der Aktien am Anlagekapital 15 Prozent. „Hätten die deutschen Versicherer ähnlich wie die Österreicher gehandelt, hätten sie heute keine Probleme, ihre Garantieversprechen einzuhalten“, so Carsten Zielke.

Die privaten Krankenversicherer haben in der Corona-Pandemie einen wichtigen Beitrag geleistet. Deutschland hat 33,9 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner. Das hat zur weltweit niedrigsten Todesfallrate beigetragen und dazu, dass an die „Triage“, an Auswahlkriterien nicht zu denken war. Ohne den Anteil der PKV von 22 Prozent am Gesamtvolumen wäre an diese Bettenkapazität nicht zu denken gewesen, liegt doch das OECD-Mittel bei nur 15,9 Betten (Italien 8,6). Deshalb sind die regelmäßig auftauchenden Diskussionen um eine „Bürgerversicherung“ nicht zielführend. Die Beitragssteigerungen liegen bei der PKV unter der medizinischen Inflation.

Die PKV ist solvent. Allerdings ist die hauptsächlich auf Staatsanleihen fußende Anlagepolitik bei vielen Versicherungen zu konservativ. Auch hier empfiehlt sich ein höherer Aktienanteil. Eine Möglichkeit der Kostensenkung ist aktives Gesundheitsmanagement, beispielsweise Videos und Tipps zu Sport, Ernährung und anderen gesundheitsfördernden Maßnahmen. In diesem Bereich hat sich besonders die Allianz gesteigert.

Sachversicherer leiden unter Vertrauensverlust
Die Sachversicherer leiden trotz zufriedenstellender Kennzahlen unter einem Vertrauensverlust. Eine Ursache ist die Weigerung vieler Unternehmen, die Zwangsschließung der Gastronomie als Schadensfall anzuerkennen, sodass viele Wirte in wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Hier ist es erforderlich künftig für Deckung auch in Pandemiefällen zu sorgen.

Aufgabe des Staates ist es, eine Rückversicherungslinie bereitzustellen, damit die Versicherer eine allumfassende Betriebsunterbrechungs-Versicherung anbieten können. Alle börsennotierten Unternehmen sind gemäß europäischer CSR-Richtlinie seit 2018 verpflichtet, ihr Engagement in Bezug auf Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Diversität offenzulegen. Leider bleiben die Berichte oft unkonkret. Weitere Informationen zur „Versicherungsstudie 2020“ gibt es direkt beim Analysehauses Zielke Research Consult GmbH.(-el / www.bocquel-news.de)

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