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Konzepte und Kriterien

Mit Pflegeversicherung eigenes Vermögen retten

20. Februar 2014 - Vor der Haftung für die Pflegekosten der Eltern können erwachsene Kinder auch in drastischen Fällen nicht sicher sein. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs rückt die private Pflegeversicherung als Vermögensschutz deutlich stärker in den Fokus.

BGHIn der vergangenen Woche entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Kinder auch dann für den Pflegeunterhalt ihrer Eltern einstehen müssen, wenn das Verhältnis seit Jahrzehnten zerrüttet ist. In dem verhandelten Fall ging es um eine Forderung des Sozialamtes Bremen gegenüber einem Mann, der für die Pflegekosten für die Heimunterbringung seines Vaters rund 9.000 Euro bezahlen sollte. Der Sohn hatte den Unterhalt für den Vater mit der Begründung abgelehnt, dieser habe die Unterstützung durch vorsätzliche, schwere Verfehlungen verwirkt. Der Vater hatte die Beziehungen zu seinem Sohn bereits vor 40 Jahren abgebrochen und diesen enterbt.
Der BGH sah zwar eine Verfehlung durch den Abbruch der Beziehungen, aber nicht in der Schwere, dass sie die Verweigerung des Unterhalts begründen könnte (Az.: XII ZB 607/12). Zu schweren Verfehlungen hatte der BGH in der Vergangenheit bereits in Fällen geurteilt, beispielsweise bei einer Mutter, die ihre Tochter im Alter von drei Jahren verlassen hatte und ins Ausland ausgewandert war.

Das BGH-Urteil, das für die deutschen Sozialgerichte bindend ist, bekräftigt erneut den Grundsatz, der für den Pflegeunterhalt unter Angehörigen gilt: „Kinder haften für ihre Eltern". Ausnahmen gibt es nur in ganz seltenen Fällen, beispielsweise, wenn Eltern ihre Pflegebedürftigkeit selbst - etwa durch Alkohol- oder Drogenkonsum - herbeigeführt haben.

Kinder haften für die Eltern
Auch wenn der Vorsitzende des Familienrechtssenats beim BGH, Hans-Joachim Dose, bei der Urteilsverkündung darauf hingewiesen hat, dass deutsche Gerichte bei der Bemessung des Elternunterhalts zugunsten der Kinder sehr großzügig sind - so müssen dem Unterhaltspflichtigen rund 1.600 Euro zum eigenen Leben bleiben - bekräftigt das neuerliche BGH-Urteil die Notwendigkeit für eine private, zusätzliche Pflegevorsorge. Wenn die Eltern selbst nicht bereit oder in der Lage sind, eine entsprechende Versicherung abzuschließen, sollten dies nach Möglichkeit die erwachsenen Kinder für ihre Eltern tun - schon allein, um ihr eigenes Vermögen und damit ihre eigene Altersvorsorge nicht zu gefährden.

Rechtsgrundlage für den Pflegeunterhalt ist Paragraf 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), das schnörkellos feststellt: „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren". Zusammen mit Paragraf 1360 BGB „Verpflichtung zum Familienunterhalt" heißt das: Kinder und Ehegatten müssen damit rechnen, dass sie für den Pflegeunterhalt von Eltern oder Ehepartnern bezahlen müssen. Zwar müssen Pflegebedürftige zunächst ihr eigenen Einkommen einsetzen. Das wird in der Regel nicht reichen.

Sozialämter fordern Leistungen zurück
Irgendwann sind die Reserven aufgebraucht, die Pflegeperson wird zum Bedürftigen und damit zum Sozialfall. Nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII (Paragrafen 41 ff.) haben Bedürftige Anspruch auf soziale Grundsicherung, sofern diese nicht aus eigenen Aufkommen und Vermögen bzw. aus Einkommen und Vermögen der Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie bestritten werden kann. Das Sozialamt gewährt die Grundsicherung und kann nach Paragraf 94 SGB XII Leistungen von unterhaltspflichtigen Familienangehörigen zurückfordern.

Unterhaltspflichtige für bedürftige Pflegepersonen - wer zahlen muss

Verwandtschaftsgrad

Unterhaltspflicht für Pflegebedürftige

Eltern

Unterhaltspflicht (§§ 1601 ff. BGB)

Kinder

Unterhaltspflicht (§§ 1601 ff. BGB)

Ehegatten

Unterhaltspflicht (§§ 1360 ff. BGB)

Geschiedene Ehegatten

  • Unterhaltspflicht (§§ 1569 ff. BGB)
  • Bei Scheidung kann Verzicht auf gegenseitigen Unterhalt erklärt werden, sofern nicht bereits absehbar ist, dass einer von beiden Partnern bedürftig ist.
  • Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten geht dem Anspruch des neuen Ehegatten vor (§ 1582 BGB).

Enkel

Übergang von Unterhaltsansprüchen auf Enkel (Verwandte zweiten Grades) ist ausgeschlossen (§ 94 As. 1 Satz 3 SGB XII).

Schwiegerkinder

  • Schwiegerkinder sind nicht direkt zahlungspflichtig, sondern nur indirekt über das Familieneinkommen.
  • Bei der Ermittlung des Familieneinkommens sind Vermögensverhältnisse der Schwiegerkinder mit zu berücksichtigen.
  • Bei angemessenem Familienunterhalt muss die Ehefrau für ihre bedürftigen Eltern zahlen, bis zu 50 % ihres Gehalts, bis zur Hälfte ihres (gegebenenfalls auch fiktiven) Taschengeldes (5 bis 7 % des Familieneinkommens).

Ausnahmen nur in wenigen Fällen

Betroffen sind Verwandte ersten Grades, also Kinder und Eltern, Ehepartner, aber auch geschiedene Ehepartner, sofern dies bei der Scheidung nicht explizit ausgeschlossen wurde; Enkelkinder, wenn die Großeltern das verlangen sowie indirekt auch die Schwiegerkinder. Keinen Anspruch gegenüber den Sozialämtern trotz Bedürftigkeit haben Personen, wenn das Einkommen der Eltern oder Kinder jährlich einen Betrag von 100.000 Euro übersteigt (§ 43 SGB XII) sowie Personen, die ihre Bedürftigkeit in den letzten zehn Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben. Darunter ist nicht nur ein liederlicher Lebenswandel zu verstehen, sondern auch und vor allem Fälle, bei denen die Bedürftigen ihr Vermögen durch Schenkung weggegeben haben. (hp / www.bocquel-news.de)

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