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Konzepte und Kriterien

Rechtsschutzversicherer dürfen Anwaltswahl lenken

9. Dezember 2013 - Die umstrittene Frage, ob Rechtsschutzversicherer finanzielle Anreize bieten dürfen, wenn Versicherte einen Kooperationsanwalt des Versicherers wählen, hat der Bundesgerichtshof entschieden: Sie dürfen. Die Anwälte macht das Urteil nicht glücklich.

Paragraphenzeichen Auslöser des Streits war die Praxis der Huk-Coburg. Sie hatte als erstes Unternehmen bei der Rechtsschutzversicherung ein Bonus-Malus-System eingeführt. Danach erhalten Versicherte, die im Streitfall einen von der Versicherung empfohlenen Anwalt in Anspruch nehmen, Beitragsvergünstigungen. Bestehen sie hingegen auf ihr Recht zur freien Anwaltswahl, wird es teurer. Mit den Kooperationsanwälten haben die Versicherer Sondervereinbarungen abgeschlossen, bei denen der Versicherer Geld spart. Auf Deutsch: Die Kooperationsanwälte erhalten weniger als die in der Gebührenordnung für Anwälte vorgesehenen Sätze.

Gegen diese Praxis der Huk-Coburg hatte eine Anwaltskammer geklagt. Sie verlangte von der Huk-Coburg, die Verwendung von Bestimmungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2009) zu unterlassen, die ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit einer Anwaltsempfehlung betreffen. Die Bedingungen sehen eine Rückstufung von maximal 150 Euro pro Schadenfall vor, wobei diese in den Folgejahren wieder ausgeglichen werden kann. Im Schadenfall unterbleibt die Rückstufung und damit auch eine höhere Selbstbeteiligung beim nächsten Versicherungsfall, wenn der Versicherungsnehmer einen Anwalt aus dem Kreis der vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt.

In erster Instanz hatte das zuständige Landgericht zunächst die Klage abgewiesen, da die Versicherungsbedingungen das Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl nicht verletzten. Auf die Berufung der Klägerin hin hatte dann das Oberlandesgericht (OLG) die Huk-Coburg dazu verurteilt, die Verwendung der streitgegenständlichen Bestimmungen zu unterlassen.

Kein unzulässiger psychischer Druck
Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Dezember 2013 (Az.: IV ZR 215/12) wurde nunmehr das Urteil des OLG aufgehoben.  Zur Begründung heißt es, dass nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Freiheit der Anwaltswahl nicht jegliche Anreizsysteme des Versicherers in Bezug auf die vom Versicherungsnehmer zu treffende Entscheidung ausschließe. Die Grenze zur Verletzung des Rechts auf freie Anwaltswahl werde erst überschritten, wenn die Vertragsgestaltung einen unzulässigen psychischen Druck zur Mandatierung des vom Versicherer vorgeschlagenen Anwalts ausübt. Das sei bei den von der Huk-Coburg verwendeten Versicherungsbedingungen nicht der Fall.

Anwälte bleiben skeptisch
Im Ergebnis bedeutet dies, dass das von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein DAV (www.anwaltverein.de)  heftig kritisierte Bonus-Malus-System der  Rechtsschutzversicherer die Billigung des Bundesgerichtshofs gefunden hat. „Wir werden darüber nachdenken müssen, ob gegebenenfalls mit Hilfe des Gesetzgebers der Bedingungsgestaltung durch die Rechtsschutzversicherer Schranken gezogen werden können", kommentiert Monika Maria Risch, Fachanwältin für Versicherungsrecht und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im DAV das Urteil. Die Fachanwältin erläutert: „Noch mehr als bisher werden wir im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit darauf hinweisen müssen, dass jeder Kunde eines Rechtsschutzversicherers im Fall der Fälle für sich entscheiden muss, ob es ihm wichtiger ist, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens einzuschalten, oder ob die wirtschaftlichen Anreize seines Rechtsschutzversicherers, die vorrangig gesetzt werden, damit der Versicherer Kosten sparen kann, so verlockend sind, dass er einen Anwalt mit seiner Problemlösung beauftragt, den ihm der Rechtsschutzversicherer nennt." (hp / www.bocquel-news.de)

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