2. Dezember 2010 - Der „Arbeitskreis EU-Vermittlerrichtlinie Dokumentation" hat seinen Auftrag erweitert und sich dafür den Namen „Arbeitskreis Beratungsprozesse" zugelegt. Auch künftig wollen die Mitglieder Branchenstandards für bessere Beratung entwickelt.
Der Arbeitskreis tritt jetzt an, neue Standards für die kundenorientierte Beratung zu Versicherungen und Finanzdienstleistungen zu schaffen. Auch die Politik begrüße diese Entwicklung, heißt es aus Fachkreisen dazu.. So sei der Name zwar neu, die Arbeit hingegen habe Tradition: Der „Arbeitskreis Beratungsprozesse" gründet den Angaben zufolge auf dem Fundament vom „Arbeitskreis EU-Vermittlerrichtlinie Dokumentation", der seit 2004 Vermittler darin unterstützt, den gesetzlichen Anforderungen aus Vermittler-Richtlinie und weiteren Rahmen-Vorgaben rechtssicher und zugleich pragmatisch zu begegnen. Die Initiative bringe seit Jahren erfahrene Praktiker gemeinsam mit Wissenschaftlern und Verbraucherschützern an einen Tisch.
Warum Neuausrichtung?
Beim 1. Berliner Forum zur Versicherungs- und Finanzberatung erklärte Rechtsanwalt Hans-Luger Sandkühler, weshalb sich der Arbeitskreis neu ausgerichtet und einen neuen Namen gegeben hat. „In der Produktwelt wachsen Versicherungen und Finanzdienstleistungen immer mehr zusammen, viele Vermittler beraten ihre Kunden bereits auf beiden Feldern. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen findet dies aber noch keinen Niederschlag. Ganz im Gegenteil - es gelten unterschiedlichste Anforderungen und Zuständigkeiten für Zulassung, Aufsicht, Beratung und Dokumentation. Je nach Produkt variieren die Vorgaben ganz erheblich", so Sandkühler.
Den Euro nur einmal ausgeben
Bislang würden Vermittler mit diesem Problem allein gelassen, heißt es. Doch das sollte sich jetzt ändern. Den Angaben zufolge legte der Arbeitskreis den Entwurf einer Beratungs-Matrix vor, die sich nicht länger an Produkten orientiert, sondern Einfluss-Faktoren wie Alter und Gesundheits-Zustand, familiäre Situation, Beruf oder Einkommen und Beratungs-Aspekte wie Risiko-Absicherung und Vermögensaufbau zusammenführt. Dahinter stehe die Einsicht, dass Risiko-Vorsorge und Finanzplanung miteinander in Beziehung stehen. Deshalb müssten die wechselseitigen Bezüge in allen Lebensphasen und Lebenssituationen beachtet werden. Hans-Ludger Sandkühler (Foto) und Marco Habschick (Foto rechts), Studienleiter der oft zitierten Evers-Jung-Studie zu Anforderungen an Finanzvermittler, machten diesen Zusammenhang an der einfachen Erkenntnis fest, dass jeder Euro nur einmal - entweder für den Vermögensaufbau oder für die Risikovorsorge - ausgegeben werden könne.
Wenn der Kunde zu Risikoabsicherung und Vermögensaufbau von verschiedenen Beratern betreut werde, würden sich diese bei Kongruenz der Beratungsgrundsätze im Idealfall ergänzen, jedoch würden sie um die Liquidität konkurrieren.
Bedarf situationsgerecht ermitteln
Aus der Beratungsmatrix sollen im nächsten Arbeitsschritt typische Lebenssituationen herausgelöst werden, die in der Praxis wiederkehrende Beratungsanlässe schaffen, beispielsweise der Erwerb eines Kfz oder einer Immobilie. Für den jeweiligen Sachverhalt werden dann die Bezüge von Risikoabsicherung und Vermögensaufbau berücksichtigt und daraus Anhaltspunkte für Bedarf und Priorisierung entwickelt.
Mehr Rechtssicherheit durch Branchenstandards
Die neue Matrix führt von der Risikoabsicherung bis zum Vermögensaufbau alle Aspekte einer bedarfsgerechten Beratung auf. Noch stellt sie eine Arbeitsgrundlage dar, aber in Zukunft soll daraus die Basis für eine systematische Beratung entstehen, die insbesondere unabhängige Vermittler entlasten kann. Für Makler werden die neuen Standards, so die Erwartung, künftig mehr Rechtssicherheit schaffen. Außerdem könne so die riesige Lücke verringert werden, die in der Praxis zwischen Versicherungs- und Finanzberatung klafft. Der Arbeitskreis will seine Ergebnisse allen Marktteilnehmern kostenlos zur Verfügung stellen.
Applaus von der Politik
Dass neue Standards erforderlich sind, unterstrich auch Dr. Erich Paetz, zuständiger Ministerialrat im Verbraucherschutzministerium (www.bmelv.de) und begrüßte die Neuausrichtung ausdrücklich. Es sei eine sehr anspruchsvolle, aber absolut notwendige Aufgabe, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beratung systematisch und auf Praxiserfahrung basierend zusammenzutragen. Was der Arbeitskreis Beratungsprozesse im Detail aufgezeigt habe, könne ein Gesetz unmöglich regeln. Dr. Paetz ermutigte dazu, den jetzt beschrittenen Weg weiterzugehen. Die Befürchtung, dass neue, detaillierte Branchen-Standards zu mehr Haftungsrisiken für Vermittler führten, teilte der Ministerialrat nicht. Wenn es zu einem Prozess käme, könnten Richter die komplexen Zusammenhänge häufig nicht vollständig überblicken. Sie seien ebenso wie Makler gut beraten, den Sachverstand des Arbeitskreises zu nutzen und sich an den jetzt entstehenden Branchenstandards zu orientieren.
Demnächst mit neuer Webseite
Der Arbeitskreis, der unabhängig und teilweise ehrenamtlich arbeitet, müsse sich auch weiterhin auf die Unterstützung von Sponsoren verlassen können, wurde abschließend in der Diskussion geäußert. Ab Mitte Dezember werde der Arbeitskreis seine neue Webseite unter www.beratungspozesse.de ins Netz stellen. Hier sollen sowohl die Arbeitsergebnisse des bisherigen Arbeitskreises EU Vermittler-Richtlinie als auch die neuen Aufgaben für den „Arbeitskreis Beratungsprozesse" publiziert werden. (eb / www.bocquel-news.de)
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