27. Mai 2013 - Die Vermögensanlagen-Informationsblätter, die Anbieter von geschlossenen Fonds oder anderen Kapitalanlagen seit einem Jahr ihren Kunden zur Verfügung stellen müssen, entsprechen in keinem Fall den gesetzlichen Vorschriften, so Verbraucherschützer.
Dies ergab eine Untersuchung der Stiftung Warentest (www.test.de), die zusammen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (www.vzbv.de) entwickelt wurde. Das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) muss in kurzer und verständlicher Form alle wesentlichen Fakten zu dem Anlageprodukt, seinen Chancen, Risiken und Kosten sowie den Provisionen für den Vermittler enthalten.
„Es ist alarmierend, dass die gesetzlichen Vorgaben und damit der Verbraucherschutz so wenig ernst genommen werden. Wenn bereits die Kurzinformation mangelhaft ist, wird es um die Qualität der angebotenen Produkte kaum besser stehen", sagt Dorothea Mohn (Foto), Finanzexpertin des vzbv. Der Untersuchung zufolge werden einfachste Vorschriften missachtet: Jedes vierte der 67 Unternehmen, die im März eine Vermögensanlage verkauften, für das sie ein Informationsblatt bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de) hinterlegten, habe gegen die Pflicht verstoßen, dieses auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Insgesamt 24 Kurzinformationen wurden daraufhin untersucht, wie sie die im Gesetz festgelegten Informationspflichten umsetzten. Lediglich ein Informationsblatt habe das Produkt zumindest grundsätzlich im Detail beschrieben. Alle anderen seien ungenau geblieben und nicht ausreichend auf konkrete Konditionen der jeweiligen Vermögensanlage eingegangen.
VBVZ: „Vermögensanlagen für Privatanleger ungeeignet"
„Die ernüchternden Ergebnisse und die Erfahrungen aus der Finanzberatung der Verbraucherzentralen belegen, dass mangelhafte Informationen und Falschberatung bei geschlossenen Fonds und anderen nicht börsengehandelten Beteiligungsinstrumenten ein Thema bleiben. Wir brauchen weitergehende Schutzvorschriften", sagt Mohn. Der vzbv spreche sich dafür aus, den aktiven Vertrieb solcher Vermögensanlagen an Privatanleger zu verbieten. Denn die Komplexität und mangelhafte Regulierung machten es Verbrauchern nahezu unmöglich, die Werthaltigkeit und Risiken dieser Produkte realistisch einzuschätzen. Ein adäquater und unabhängiger Kaufpreis, der an der Börse gebildet wird, fehle. Hinzu komme das Risiko eines Totalverlusts. Damit seien die Produkte kaum für Privatanleger geeignet.
Schärfere Schutzvorschriften gefordert
Um die Risiken für Anleger durch den Vertrieb von Vermögensanlagen zu reduzieren, sind aus Sicht des vzbv schärfere Schutzvorschriften geboten:
- Die Empfehlung und Vermittlung solcher Produkte sollte gesetzlich maximal bis zu einer Höhe von fünf Prozent des freien Vermögens eines Privatanlegers erlaubt sein.
- Das Bundesfinanzministerium sollte von der Verordnungsermächtigung, die das Vermögensanlagengesetz vorsieht, Gebrauch machen und einheitlich klare Standards für die Vermögensanlagen-Informationsblätter setzen.
- Die Kurzinformation des Vermögensanlagen-Informationsblatts muss auf einen Blick und in drucktechnisch hervorgehobener Form das maximale Verlustrisiko der Anlage deutlich machen und eine Aussage darüber enthalten, wer unter welchen Voraussetzungen als Anleger für die jeweilige Vermögensanlage geeignet ist, wie etwa:
„Die Anlage kann mit einem Totalverlust verbunden sein und ist nur für Anleger geeignet, die einen solchen Totalverlust finanziell tragen können und bereit sind, einen solchen hinzunehmen. Die Beteiligungen sind oft nur schwer wieder zu veräußern und eignen sich nicht zur Altersvorsorge."
Finanzmarktwächter soll es richten
Ob diese Maßnahmen ausreichen, müsse eine systematische, verbraucherbezogene Marktbeobachtung prüfen. Der vzbv fordert darum die Einführung eines Finanzmarktwächters: Auf Basis der Beschwerden in den Verbraucherzentralen könne er frühzeitig neue Entwicklungen ermitteln, nachhaken und transparent machen, wie eine Regulierung wirkt. Mit seinen Erkenntnissen könne er die staatliche Kontrolle und politische Entscheidungen unterstützen. „Der Finanzmarktwächter wirkt präventiv. So lässt sich eingreifen, bevor Verbrauchern Verluste entstehen", so Mohn.
Die Branche schadet sich selbst
Mit diesem neuen Vorstoß versuchen die Verbraucherzentralen erneut, sich selbst gegenüber dem Gesetzgeber als Wächterinstanz für den Anlagemarkt zu präsentieren bzw. ein vom Gesetzgeber gebilligtes Mandat für die Überwachung zu erhalten. Von den Marktteilnehmern wird das überwiegend abgelehnt und findet bislang auch im politischen Bereich keine Mehrheiten. Mit der Nichteinhaltung von gesetzlichen Vorschriften zum Verbraucherschutz, wie sie von der Stiftung Warentest und der vbzv in diesem Fall wieder nachgewiesen werden konnten, schaden die Anbieter von geschlossenen Fonds nicht nur sich und ihrem Geschäft selbst, sondern auch allen übrigen Finanzdienstleistern und gießen Wasser auf die Mühlen der Verbraucherschützer. (hp / www.bocquel-news.de)
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