logo

Konzepte und Kriterien

Wolkenkratzer-Großbrand mit Toten und Verletzten

19. Juni 2017 - Ein verheerender Hochhausbrand in London forderte bisher 80 Menschenleben. Mindestens genauso viele Verletzte liegen noch in den Krankenhäusern der britischen Hauptstadt. Die norwegische Protector Forsikring hat das Gebäude versichert, nennt 28 Millionen Euro Schaden und die Munich Re als Rückversicherer.

Rund 80 Tote und mindestens genauso viele Verletzte melden die Behörden nach dem Flammeninferno am Hochhaus Grenfell Tower in London, das in der Nacht zum Mittwoch durch einen Brand völlig zerstört wurde. Den materiellen Schaden beziffern die Experten mit mehr als 25 Millionen britische Pfund (28,4 Millionen Euro).

Nach Mitteilung der Nachrichtenagentur Reuters ist der Gebäudekomplex beim norwegischen Konzern Protector Forsikring (www.protectorforsikring.no) versichert, dessen Chef Sverre Bjerkeli nach einem Bericht im Versicherungsmonitor (Screenshot nebenstehend) mitgeteilt haben soll, dass für die Rückversicherung des Hochhausbrandes in London die Munich Re (www.munichre.com) fast die gesamten Kosten übernehmen werde. Die Munich Re selbst nahm dazu keine Stellung, weil sie sich nicht über Einzelfälle von Kunden äußere.

Medienberichten zufolge belaufen sich die Kosten allein für das Gebäude selbst auf etwa 20 Millionen Pfund (knapp 23 Millionen Euro). Noch nicht eingerechnet sind den Angaben zufolge die zusätzlichen Kosten – unter anderem etwa die Notunterkünfte für die Bewohner. Insgesamt sollen rund 600 Personen in dem 24-stöckigen Hochhaus gewohnt haben, das im Stadtbezirk Kensington und Chelsea liegt. Hier sollen auch Flüchtlinge untergebracht worden sein. Zur Brandursache wurden bisher noch keine Angaben gemacht; die Ermittlungen von Scotland Yard laufen immer noch auf Hochtouren.

Wie sind Hochhäuser hierzulande gegen Brände geschützt?
Nach dem verheerenden Brand in dem Londoner Hochhaus  steht der Brandschutz in der Kritik. Wie der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft mitteilt, arbeiten die Assekuranzen mit daran, technische und organisatorische Vorgaben zu entwickeln, die Großbrände verhindern helfen sollen.

Das Feuer brannte im Londoner Grenfell Tower über Stunden hinweg, Trümmerteile stürzten herunter. Nach dem Feuer soll das Gebäude nun einsturzgefährdet sein. In dem Hochhaus, das 1974 gebaut wurde, war keine Sprinkleranlage eingebaut. Auch bei einer aufwändigen Renovierung im vergangenen Jahr war auf eine Nachrüstung verzichtet worden. Die britischen Brandschutzvorschriften gelten, ähnlich wie in Deutschland, nur für Neubauten und nicht für bestehende Gebäude.

Brandschutzbestimmungen für Wolkenkratzer
Einem GDV-Bericht zufolge haben Hochhausbrände ihre ganz eigene Dynamik. Brände entstehen nicht häufiger als in anderen Gebäuden, aber sie breiten sich wesentlich schneller aus. Auch das Londoner Hochhaus soll recht schnell in Flammen gestanden haben. Der Faktor Zeit spielt deshalb eine große Rolle, da meistens sehr viele Menschen in Gefahr sind. Für Gebäude, die höher als 22 Meter sind, gelten deshalb hierzulande vergleichsweise strenge Vorschriften:

  • Bei Hochhäusern bis 60 Meter Höhe sind zwei notwenige Treppenhäuser oder ein Sicherheitstreppenhaus mit Druckbelüftungsanlage vorgeschrieben.
  • Bei Hochhäusern über 60 Meter müssen alle notwendigen Treppenhäuser als Sicherheitstreppenhäuser gebaut werden.
  • Auch der Einbau von automatischen Feuerlöschanlagen (Sprinkleranlagen) ist vorgeschrieben. Ausgenommen sind Hochhäuser in Zellenbauweise, die niedriger als 60 Meter sind. Jede einzeln genutzte Fläche darf nicht größer als 200 Quadratmeter sein.
  • Nichttragende Außenwände, die entweder aus nichtbrennbaren Baustoffen oder Dämmstoffen bestehen, müssen mit Materialien umschlossen sein, die nicht brennen können. Dazu zählen etwa Metallkassetten.
  • Abfallschächte sind inzwischen verboten, um das Übergreifen des Feuers auf obere oder untere Etagen zu verhindern.
  • Elektrische Leitungen oder Datenleitungen, die über mehrere Geschosse führen, müssen in Installationsschächten angeordnet werden. Diese Schächte müssen entraucht werden können.
  • Das Gebäude muss mit einer Brandmeldeanlage vollständig überwacht werden, um im Brandfall Bewohner und Rettungskräfte zu alarmieren.

Ziel der Brandschutzbestimmungen ist es, in erster Linie Menschenleben zu retten, die Brandbekämpfung zu ermöglichen sowie eine Ausbreitung von Feuer und Rauch zu verhindern. „Versicherer arbeiten stets daran, technische und organisatorische Vorgaben zu entwickeln, die Großbrände wie aktuell in London verhindern helfen sollen“, sagt ein GDV-Sprecher.

Brandschutz für Wolkenkratzer regelt das Baurecht
Ab einer Höhe von 22 Metern gilt in Deutschland ein Gebäude als Hochhaus. Der Brandschutz für die hiesigen Wolkenkratzer ist über das Baurecht geregelt, vielfach über eine sogenannte „Muster-Hochhaus-Richtlinie“. Darin ist unter anderem geregelt, welches Baumaterial verwendet werden darf, wie widerstandfähig dieses gegen Feuer sein muss und ob eine Feuerlöschanlage vorgeschrieben ist. Aber auch die Anzahl der Flucht- und Rettungswege ist in den Brandschutzbestimmungen geregelt.

Brandschutzvorschrift gilt heute lediglich für Neubauten
Wie der GDV auch mitteilt, gelten Brandschutzbestimmungen jedoch lediglich für Neubauten. Angesichts immer wieder auftretender Brände sollte sie jedoch auch für bestehende Hochhäuser gelten. „Die baurechtlichen Vorschriften sollten entsprechend angepasst werden“, fordert die Fachwelt. Im Zuge der Diskussion über mögliche Kostensenkungen beim Wohnungsbau in einzelnen Bundes-ländern wird die Gestaltung der Rettungswege immer wieder thematisiert. „Schwere Brände wie in London zeigen jedoch auf, dass ein Abbau der Brandschutzbestimmung höchstkritisch ist“, heißt es beim GDV. (-el / www.bocquel-news.de)

Achtung Copyright: Die Inhalte von bocquel-news.de sind nach dem Urheberrecht für journalistische Texte geschützt. Die Artikel sind ausschließlich zur persönlichen Lektüre und Information bestimmt. Abdrucke und Weiterverwendung - beispielsweise zum kommerziellen Gebrauch auf einer anderen Homepage / Website oder Druckstücken - sind nur nach persönlicher Rücksprache mit der Redaktion (info@bocquel-news.de) gestattet.


Link zum Artikel: http://www.bocquel-news.de/Wolkenkratzer-Großbrand-mit-Toten-und-Verletzten.36830.php