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Konzepte und Kriterien

Warum die Versicherer jetzt oft riskanter anlegen

20. November 2017 - Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa sieht in der Versicherungs-Branche Anzeichen für die „Jagd nach Rendite“. Das Ergebnis einer Umfrage zum Anlageverhalten von 91 Versicherern – davon 21 deutsche Anbieter - im ersten Quartal 2017 liegt jetzt vor – mit erkennbarem Trend zu riskanteren Anleihen.

Die nun schon länger anhaltenden Niedrigzinsen scheinen auch die Kaitalanleger der Versicherungsunternehmen mürbe zu machen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass sie inzwischen verstärkt auf riskanteren Anleihen und/oder stecken mehr Geld in illiquide Kapitalanlagen setzen. Das rief die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa (https://eiopa.europa.eu) auf den Plan, die deshalb während des ersten Quartals 2017 das Anlageverhalten von 91 Versicherern – davon 21 deutsche Anbieter - untersucht hat. Es wurde das Anlage-Portfolio von 87 größeren Versicherungsgruppen und von vier Einzelunternehmen in 16 Ländern analysiert. Im Fokus standen die Investmentportfolios der Gesellschaften während der Jahre 2011 bis 2016. Außerdem befragte die Eiopa die Anbieter zu Veränderungen ihrer Investmentstrategie in den fünf Jahren von 2011 bis 2016. Außerdem wurden Angaben zu ihrer künftigen Anlagepolitik abgefragt.

Erstes Fazit: Bei den Staats- und Unternehmensanleihen nahm der Anteil von Wertpapieren mit geringer Bonität zu. „Die größere Bedeutung illiquider Investments und nicht-traditioneller Anlagen etwa in Infrastrukturprojekte verbessert die Diversifizierung, verlangt allerdings auch mehr von den Versicherern ab; es erfordert neue Risikomanagement-Fähigkeiten und ein genaueres Hinsehen der Aufsicht“, sagte Eiopa-Chairman Gabriel Bernardino bei der Präsentation der Ergebnisse in Frankfurt. EU-Versicherungsaufsicht sieht die „Jagd nach der Rendite“ in der Versicherungsbranche mit Befremden, auch wenn die Aktivitäten der Versicherer angesichts der Zinssituation verständlich seien.

Die europäische Aufsichtsbehörde beabsichtigte eigenen Angaben zufolge mit der Untersuchung eine Überprüfung der empirischen Daten, aus denen ersichtlich werde, ob die Versicherer renditereicher - sprich riskanter - investieren.

Auch der internationale Währungsfonds hatte bereits vorher seine Vermutung öffentlich gemacht, in der er von dem Trend zu riskanteren Investmentstrategien sprach. Allerdings basierte seine Erkenntnis vor allem auf sogenannten anekdotischen Beweisen.

Inzwischen ist Entwarnung angesagt. Wie der Eiopa-Bericht zeigt, hat sich das Anlageverhalten der Versicherer großteils nicht verändert hat. Demnach setzen sich die Portfolios meist unverändert aus den drei großen Anlageklassen festverzinste Anleihen, Aktien und andere Investments zusammen. So sei auch die relative Bedeutung der Anlageklassen weitgehend gleichgeblieben, heißt es. Im Eiopa-Bericht heißt es dazu wörtlich: Veränderungen in allen drei Investment-Kategorien sind lediglich marginal ausgefallen. Das wird auch aus der beigefügten Eiopa-Grafik (zum Vergrößern bitte anklicken) ersichtlich. Weitere Details dazu sind hier direkt auf den Eiopa-Websites veröffentlicht.

Anders sieht es bei den Erhebungen nach Ländern aus. Im Jahr 2016 legten Großbritannien, Norwegen, Schweden, Dänemark und die Niederlade mutigere Anlagestrategien an den Tag, wie die Eiopa-Grafik zeigt (zum Vergrößern bitte anklicken).

Die Bedeutung illiquider Anlagen hat offensichtlich zugenommen hat. Dabei geht es um Investments, die vergleichsweise schwer flüssig gemacht werden können. Unter besonders liquiden Anlagen versteht man beispielsweise die Aktien der an der Börse gelisteten Unternehmen, die sich bei Bedarf problemlos abstoßen lassen.

Wie die Eiopa mitteilt, haben europäische Versicherer in den vergangenen Jahren mehr Titel von nicht-gelisteten Unternehmen gekauft.

Hier dürfte es schwieriger sein, die Titel so ohne weiteres wieder los zu werden. Eiopa-Angaben zufolge stieg der Anteil nicht gelisteter Aktien am gesamten Aktienportfolio der europäischen Versicherungswirtschaft im Jahr 2016 auf 34 Prozent im Jahr 2016; im Jahr 2011 lag er noch bei 28 Prozent.

Zudem hätten die Versicherer des Öfteren auf andere Investments als auf festverzinsten Anleihen oder Aktien gesetzt. Der Anteil dieser Anlageklasse im Verhältnis zum gesamten Anlagevermögen aller beteiligten Unternehmen lag demnach 2016 bei rund 5,5 Billionen Euro und bei 7,6 Prozent. 2011 betrug er noch 7,2 Prozent. Wie berichtet wird, geht der Zuwachs vornehmlich auf das Konto von Darlehen (Hypotheken ausgenommen) und Derivaten. Immobilien-Investments spielen dagegen seit 2013 eine untergeordnete Rolle.

Die Eiopa beobachtete allerdings bei festverzinsten Anleihen von Staaten und Unternehmen eine Veränderung bei der Zusammensetzung nach „Güte des Ratings“. Demnach ging der Anteil der mit AAA besonders sicher gerateten Titel zurück, während Anleihen im BBB-Bereich anstiegen. Die Eiopa vermerkt jedoch, dass man aus dieser Entwicklung nicht gleich auf eine größere Risikofreudigkeit der Versicherer schließen dürfe, da im im Beobachtungszeitraum das Rating vieler Anleihen herabgestuft worden ist.

Schließlich hob die Eiopa in ihrem Bericht auch die wachsende Bedeutung der Produkte ohne klassische Garantien hervor, speziell der fondsgebundenen Lebensversicherungen.

Hier sei eine deutliche Verschiebung auszumachen: Im Jahr 2011 lag hier das Volumen bei etwa 1,2 Billionen Euro, stieg aber bis zum Jahr 2016 auf etwa 2,3 Billionen Euro. So habe sich das Anlagerisiko weg von Versicherungsunternehmen hin zu den Versicherten verlagert. Den größten Teil dieses Anlagevolumen stellt laut Eiopa Großbritannien mit über 1 Billion Euro.

Knapp 84 Prozent der Kapitalanlagen bestehen europaweit aus Anleihen, 9 Prozent sind in Aktien investiert. Deutsche Versicherer halten sogar 88 Prozent Bonds und nur 7 Prozent Aktien. (-el / www.bocquel-news.de)

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