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Versicherer wollen raus aus diesem Stimmungstief

11. Dezember 2017 - Tolle Aussichten? Die meisten Versicherer hierzulande blicken derzeit leicht optimistisch in die Zukunft. Das diskutierten 85 Versicherungsführungskräfte in einem ThinkTank. 65 Prozent der Entscheider prognostizieren bis 2020 mindestens eine stabile Geschäftsentwicklung im Vergleich zur Gesamtwirtschaft.

Die Top-Herausforderung für die Branche ist das anhaltend niedrige Zinsniveau, das massiv an Relevanz gewonnen hat und Personenversicherer sowie Schaden- und Unfallversicherer gleichermaßen unter Druck setzt. Doch ungeachtet dessen glauben 24 Prozent an ein überdurchschnittliches Wachstum der Branche, gemessen an der Konjunktur insgesamt.

Das ist eines der Ergebnisse der Studie „Branchenkompass Insurance 2017“ von Sopra Steria Consulting (www.soprasteria.de) und F.A.Z.-Institut (www.faz-institut.de) - Cover nebenstehend (zum Vergrößern bitte anklicken) .

Die wirtschaftlichen Erwartungen der Befragten sind danach allgemein positiv zu bewerten, heißt es bei der Analysten, denn im Vorjahr verzeichnete die Branche nur ein geringfügiges Wachstum. Die Beitragseinnahmen sind 2016 insgesamt um 0,2 Prozent auf 194,2 Milliarden Euro angestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte dagegen ein Plus von 1,9 Prozent.

„Die positiv gestimmten Versicherer schöpfen ihren Optimismus bis 2020 vor allem aus strategischen Weichenstellungen, mit denen sie Produkte und Service für die Kunden verbessern sowie die Kosten senken wollen. Digitalisierung und Automatisierung spielen dabei an beiden Stellschrauben eine entscheidende Rolle“, sagt Lars Rautenburger, Leiter der Business Unit Insurance bei Sopra Steria Consulting.

Stimmungskiller Niedrigzinsen
Trotz der leicht aufgehellten Stimmung: Die Aufgabenliste für die Versicherungswirtschaft ist lang. Noch vergleichsweise gelassen geht die Branche mit neuen Wettbewerbern um. Weniger als jeder Zweite sieht InsurTechs als große Herausforderung, sondern eher als Partner. Dauerhaft niedrige Zinsen, neue Regulierungsvorschriften wie die EU-Vermittlerrichtlinie und die EU-Datenschutz-Grundverordnung sowie die veränderten Kundenerwartungen an Produkte und Service halten die Branche dagegen deutlich stärker in Atem.

Für drei Viertel der befragten Versicherungsentscheider ist das niedrige Zinsniveau die wichtigste Herausforderung, die es künftig zu meistern gilt (siehe Sopra-Grafik – zum Vergrößern bitte anklicken). Im Vergleich zu früheren Befragungen hat dieses Thema erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Lebensversicherer reagieren und passen ihre Angebote an den 2017 auf 0,9 Prozent festgelegten Garantiezins an. Neukunden erhalten zunehmend Verträge ohne herkömmliche Zinsgarantien. Für alte Verträge mit hohen Garantiezinsen erwägen selbst große Versicherer inzwischen den Weg, diese Bestände an so genannte Run-off-Versicherer zu verkaufen.

Andere Sparten sind von den dauerhaft niedrigen Zinsen ebenfalls betroffen. Für Schaden- und Unfallversicherer wird es zunehmend schwierig, negative Schadenfall-Quoten mit Zinseinkommen aus Kapitalanlagen auszugleichen. Private Kranken- und Pflegeversicherungen werden letztendlich zu Beitragsanpassungen gezwungen, sollten die Alterungsrückstellungen zu wenig Rendite erwirtschaften.

Künstliche Intelligenz soll die Regulierungsflut bändigen
Darüber hinaus sind die Versicherer wie die Banken überdurchschnittlich stark von immer wieder neuen Regulierungsvorschriften betroffen. 72 Prozent der für die Studie Befragten bewerten Compliance als eine große Belastung für das eigene Unternehmen. Der Grund: Die Versicherer schöpfen die Möglichkeiten für eine stärkere Automatisierung nach eigener Einschätzung nicht aus. Nur 37 Prozent der Studienteilnehmer bestätigen, dass im eigenen Unternehmen automatisierte Compliance-Überprüfungen verbreitet sind.Neue Technologien wie künstliche Intelligenz und Robotic Process Automation (RPA) sollen künftig helfen.

46 Prozent der befragten Entscheider versprechen sich von Big Data und künstlicher Intelligenz deutliche Verbesserungen. Geplant sind beispielsweise lernende Systeme, die Anti-Geldwäsche-Untersuchungen durchführen, und Sprachassistenten, die Mitarbeitern einfache Fragen zur Einhaltung von Compliance beantworten. „Wichtig ist, dass die Versicherer Compliance-Prüfungen als Alltagsgeschäft verstehen und Maßnahmen dauerhaft in die operativen Prozesse einbauen. Das erleichtert den Umgang mit neuen Regulierungs-anforderungen, die mit Sicherheit kommen werden“, sagt Lars Rautenburger (siehe Sopra-Grafik - zum Vergrößern anklicken).

Neues Wachstum soll vor allem auf organischem Wege entstehen. 94 Prozent der Versicherer wollen Neu- und Bestandskunden mit verbessertem Service überzeugen. Viele Versicherer bauen gerade an den nötigen technologischen Fundamenten. Ein kanalübergreifender Dialog mit den Kunden ist erst bei 35 Prozent der Versicherer möglich. Kundenportale für die direkte Kommunikation mit den Versicherten sind bei 26 Prozent in Planung.

82 Prozent der Versicherungsunternehmen wollen das Geschäft zudem stärker automatisieren (siehe Sopra-Grafik - zum Vergrößern bitte anklicken). Nur 43 Prozent der Befragten schätzen den Grad der Dunkelverarbeitung derzeit als hoch ein. Zum einen soll durch automatisierte Prozesse die Kundenzufriedenheit steigen, zum anderen die Kosten sinken, beispielsweise im Schadenmanagement. Online-Schadenmeldungen und der Upload von Dokumenten, Bildern und Videos über Schaden-Apps sollen künftig zum Standard werden. Der Aufwand für die Begutachtung reduziert sich damit erheblich. Weiteres Einsparpotenzial bieten Algorithmen, die bei der Betrugserkennung unterstützen, und IT-Lösungen, die Briefpost automatisiert in digitale Daten umwandeln. 78 Prozent der Versicherer wollen mit innovativen Produkten und Leistungen punkten.

Videoberatung und weitere Skills

Knapp ein Drittel plant beispielsweise, per Videoberatung häufiger mit Kunden in

Kontakt zu treten als heute. Einige 

Versicherer haben zudem sogenannte Skills für Sprachassistenten wie Amazons Alexa programmiert, um künftig mehr Service rund um die Uhr bieten zu können (siehe Sopra-Grafik – zum Vergrößern bitte anklicken). Darüber hinaus soll die Komplexität der Tarife reduziert werden und eine neue Produktvielfalt entstehen. Fast jeder zweite Versicherer setzt beispielsweise auf Bündelprodukte sowie auf Produktkopplungen mit branchenfremden Angeboten.

Start-ups wie Simplesurance und Massup bieten die notwendigen White-Label-Lösungen für den Vertrieb von Versicherungen in Internetshops. 46 Prozent der Befragten rechnen gleichzeitig mit einem Aufschwung für den Vertrieb von Cyber-Policen und von Beratungsdienstleistungen zur Prävention gegen Hackerangriffe und bereiten sich mit eigenen Angeboten vor.

Studie in zwei Schritten erarbeitet
Die Ergebnisse der Studie Branchenkompass Insurance 2017 wurden in zwei Schritten erhoben. Sopra Steria Consulting und das F.A.Z.-Institut brachten Versicherungsführungs-kräfte in einem ThinkTank zusammen und diskutierten mit ihnen über die Branche bewegende Themen - im Fokus Digitalisierung, Schadenmanagement und Compliance. Darüber hinaus wurden 85 Führungskräfte zu den Branchentrends, Herausforderungen und Strategien befragt. An der Online-Befragung beteiligten sich Führungskräfte der Unternehmen mit unterschiedlicher Größe Sparten. (-el / www.bocquel-news.de)

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