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Konzepte und Kriterien

Digitales Gesundheitswesen - Systemwettbewerb wirkt

20. Juni 2019 - Die Privaten Krankenversicherer (PKV) sehen sich weiterhin als Innovationstreiber im dualen deutschen Gesundheits-System. Das zeigte sich auf der Jahrestagung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung. Der PKV will die Digitalisierung des Gesundheitswesens fortan auch weiter aktiv vorantreiben.

Viel beachtet begrüßte Pepper, der „Roboter in der Pflege“, die Teilnehmer bei der PKV-Jahrestagung (www.pkv.de) und sprach in einem ersten Ausblick die Möglichkeiten des technisch-digitalen Fortschritts an. Unter den etwa 150 Gästen war auch Staatssekretär Dr. Thomas Steffen aus dem Bundesgesundheitsministerium, der seit 15. Mai 2019 das Amt des Staatssekretärs im Bundesministerium für Gesundheit in Bonn/Berlin. Der zum 1. Juli ausscheidende PKV-Verbandsvorsitzende Uwe Laue hielt sich mit kritischen Worten nicht zurück.

Die Private Krankenversicherung werde die Digitalisierung des Gesundheitswesens fortan aktiv mit vorantreiben, kündigte er an. Künftig werde die PKV über ihre Kapitalanlagen „mit einem eigenen Fonds innovative Gründer unterstützen und digitale Gesundheits-Startups aktiv fördern“. Dafür schließt die Branche eine Partnerschaft mit zwei führenden Unternehmen aus dem Bereich Digital Health. Die Verhandlungen sind laut Laue bereits weit vorangeschritten.

Ziel sei es, in Deutschland „auch in Zukunft eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau zu garantieren“. Die PKV zeige damit abermals, „dass der Systemwettbewerb wirkt“.

PKV warnt vor Richtungswechsel in der Pflege
Der PKV-Verbandsvorsitzende warnte die Politik zugleich davor, in anderen Versorgungsbereichen die Weichen in die falsche Richtung zu stellen. Laue erinnerte in diesem Zusammenhang an die treibende Rolle der Privaten Krankenversicherung beim „Megathema“ Pflege – insbesondere bei der Verbesserung der Pflegequalität in Deutschland.

Uwe Laue betonte, dass die PKV schon seit mehr als zehn Jahren mit innovativen Projekten wie der Privaten Pflegeberatung „compass“, einem bundesweit einheitlichen Prüfdienst oder der gemeinnützigen Stiftung „Zentrum für Qualität in der Pflege“ aktiv zu einer besseren Pflege beitrage. Derzeit wirbt das Tochterunternehmen, das 2008 bewusst als Gegenentwurf zu den „Pflegestützpunkten“ der gesetzlichen Krankenkassen gegründet worden war, aktuell mit dem Wettbewerb „Gesucht? Deutschlands beliebteste Pflegeprofis“ um mehr öffentliche Anerkennung für den wichtigen Pflegeberuf (bocquel-news vom 4. Februar 2019 #Pflege-Profis gesucht - Anerkennung und Preisgeld). Ihre nachhaltige Finanzierungsweise sei eine Stütze für die alternde Gesellschaft, denn kapitalgedeckt finanziert sorgt demnach jede Generation für sich selbst vor.

Uwe Laue merkte an, dass die Generation der Kinder und Kindeskinder offensichtlich in der aktuellen politischen Pflegedebatte zunehmend in Vergessenheit zu geraten. „Die Gesundheitspolitiker vieler Parteien überbieten sich geradezu mit immer neuen Leistungsversprechen – als gäbe es kein Morgen“, mahnte Laue. Quer durch die Parteien gebe es zum Beispiel Diskussionen um eine Deckelung der Eigenanteile. Hier warnte PKV-Chef: „Das klingt sozial – und ist doch das genaue Gegenteil“. Aktuelle Studien wie beispielsweise des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) zeigten, dass eine enorme Mehrbelastung der Beitragszahler durch den demografischen Wandel droht (siehe bocquel-news vom 6. Mai 2019 Soziale Pflegeversicherung ist stark unter Druck).

Größte Belastung: Alterung der Generation der Babyboomer
Manuel Slupina vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (www.berlin-institut.org) wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die größte Belastung für die umlagefinanzierten Sozialversicherungssysteme mit der Alterung der Generation der Babyboomer erst noch bevorsteht. Derzeit sei diese Generation noch im Berufsleben und zahle in die gesetzlichen Sozialversicherungen mehr ein, als sie an Leistungen empfange. Mit ihrer Verrentung nähere sich diese „demografische Dividende“ aber ihrem Ende. Auch der Anteil älterer Menschen in vielen Kommunen werde in den kommenden 20 Jahren deutlich zunehmen, verbunden mit dem allgemein zu erwartenden Anstieg der Pflegefälle in Deutschland.

„Die schon bald überforderte Umlagefinanzierung der Pflegeversicherung darf nicht noch mehr ausgeweitet, sondern muss sinnvoll ergänzt werden“, rät Laue daher der Politik. Zwar wies Dr. Nils Lahmann von der Charité Berlin in seinem Vortrag darauf hin, dass „technische Optionen“ wie Sensoren oder Pflegeroboter künftig immer besser in der Lage sein werden, Pflege- und Behandlungsprozesse zu unterstützen. Und zwar sowohl als Assistenz für Pflegekräfte als auch bei der Wahrnehmung sozialer Funktionen gegenüber Pflegebedürftigen. Um es mit Peppers Worten zu sagen: „Ich habe viel Geduld, auch im Umgang mit Demenzkranken.“ Den Mehrbedarf an Pflege und damit das wachsende Finanzierungsproblem werden sie vermutlich aber nicht kompensieren können.

Uwe Laues Schlussfolgerung: In Deutschlands alternder Gesellschaft bleibe menschenwürdige Pflege nur finanzierbar, wenn die Politik die Eigenvorsorge stärke. Eine kapitalgedeckte Eigenvorsorge sei in der Pflege auch gut möglich, da der Leistungsfall in der Regel erst in hohem Alter eintritt. Mit privaten Pflegezusatzversicherungen könnten die Menschen ihr Pflegerisiko daher mit relativ kleinen Beiträgen komplett absichern – und das nachhaltig und generationengerecht.

Finanzierungsproblem der Pflege ist Bürgern bewusst
Die Politik müsste für diese Erkenntnis nicht einmal große Überzeugungsarbeit leisten. Das verdeutlichte die Leiterin des Allensbach-Instituts, Prof. Dr. Renate Köcher, in ihrem Vortrag. Den Bürgern sei schon seit Langem bewusst, was die demografische Entwicklung für die sozialen Sicherungssysteme bedeute. So rechnet die Mehrheit der Deutschen mit einer raschen Zunahme der Pflegefälle und damit einem wachsenden Finanzbedarf. Ja, die Deutschen zählen das Pflegesystem sogar zu den „Schwächen des Landes“. Ebenso weiß die Mehrheit der Bürger, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten deckt. Kein Wunder, dass die Bürger mehrheitlich befürworten, die private Vorsorge zu stärken.

Falsche Weichen in der Krankenversicherung
Doch nicht nur in der Pflege, auch in der Krankenversicherung sind Politiker mancher Parteien derzeit in falscher Richtung unterwegs, wurde wieder einmal bei der PKV-Jahrestagung deutlich. So will das Bundesfinanzministerium Arbeitgeberbeiträge zu betrieblichen Krankenversicherungen nach dem Entwurf für das Jahressteuergesetz künftig als steuerpflichtigen „Barlohn“ einordnen. Damit würde das Ministerium mehrere Urteile des Bundesfinanzhofs aushebeln, der solche Versicherungen als steuerlich begünstigten „Sachlohn“ ansieht. Für Tankgutscheine beispielsweise soll der Steuervorteil dagegen weiter gelten. Kurioserweise beruft sich das Ministerium dabei auf ebendie Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die es bei der betrieblichen Krankenversicherung ignorieren will.

Dabei sei die betriebliche Krankenversicherung (bKV) ein „Win-Win“-Angebot für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, erläuterte Uwe Laue. Während Angestellte zu besonders günstigen Konditionen und beispielsweise auch bei Vorerkrankungen in den Genuss einer zusätzlichen Absicherung kommen, stärke das Angebot der bKV aus Perspektive der Unternehmen die Mitarbeiterbindung.

Angriffe auf bewährte Kombination von PKV und Beihilfe
Wie berichtet – haben einige rot-grün und rot-rot regierte Länder in den vergangenen Monaten außerdem den Vorstoß gestartet, durch einen Arbeitgeberzuschuss als sogenannte „pauschale“ Beihilfe Beamte in die Gesetzliche Krankenversicherung zu lotsen – und damit das Umlageverfahren weiter aufzublähen und die bewährte Kombination von Beihilfe und PKV zu schwächen.

Uwe Laue erteilte diesen Plänen eine deutliche Absage: „Hier ist die pure Ideologie am Werk“. Das „Hamburger Modell“ erzeuge in der Praxis mehr Schaden als Nutzen (siehe bocquel-news vom 21. August 2017 PKV und GKV: Gerangel um Wahlfreiheit für Beamte). Verlierer seien die Steuerzahler, die übrigen GKV-Versicherten und die Beamten selbst. Ihre Wahlfreiheit werde drastisch beschränkt, denn sie können eine einmal getroffene Entscheidung – anders als bisher – nie mehr revidieren.

PKV hat kein Problem damit
„Wir als PKV haben kein Problem damit, uns dem Wettbewerb um die Beamten zu stellen“, machte der scheidende PKV-Präsident selbstbewusst klar. Die Absicherung mit Beihilfe und PKV sei sowohl finanziell als auch im Leistungsumfang klar besser – und das wüssten auch die Beamten, wie die bisherige Bilanz in Hamburg nach Einführung der „pauschalen Beihilfe“ bestätige.

Für Arbeitnehmer echte Wahlfreiheit gefordert
Wenn es den Befürwortern einer solchen Reform aber wirklich um mehr Wahlfreiheit gehe, dann sollte es auch für mehr Arbeitnehmer echte Wahlfreiheit geben. Zum Beispiel durch eine Absenkung der Versicherungspflichtgrenze, die inzwischen fast das Doppelte des Durchschnittseinkommens erreicht hat. „Mehr Wahlfreiheit, gerne – aber dann bitte nicht nur in eine Richtung“, lautet die Empfehlung der Privaten Krankenversicherung an die Politik. (-el / www.bocquel-news.de)

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